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Knigge für Knirpse

Mittwoch morgen, im Starbucks Zürich-Oerlikon: Eine Mutter betritt mit ihren zwei Kindern geräuschvoll das Café. Noch bevor sie ihren Latte Dingsbums serviert bekommt, hat die Kleine, schätzungsweise zwei Jahre alt, sämtliche Kaffee-Tüten aus dem Regal geräumt und auf dem Boden verteilt. Während dessen übt sich ihr ca. fünfjähriger Bruder als Primat und klettert auf die Bar, um in der Hocke aus dem Fenster schauen zu können. Ich – leicht empört, zugegeben – denke mir, die Mutter wird das richten, sobald sie ihren Kaffee in der Hand hält. Tut sie aber nicht.


Denn anstatt ihre Kinder zurechtzuweisen, bringt sie dem Grossen sein Gipfeli zur Bar, wo er es genüsslich brösmelnd in der Hocke in sich reinstopft. Und auch die Kleine kriegt ihr Frühstück serviert, dieses Mal auf dem Boden, wo sie dabei ist, eine der Kaffeetüten aufzureissen. Mami setzt sich daraufhin gemütlich hin und liest die Zeitung.

Mein Sohn und ich sitzen mit hängender Kinnlade da und staunen. Etwas nerven tut es mich schon, denn Eltern können sich nicht nur darüber beklagen, in Restaurants nicht willkommen zu sein. Sie müssen ihre Kinder auch irgendwie soweit haben, dass sie anderen Gästen zugemutet werden können.

Das findet auch Dr. Andrea Schmelz, Chefredakteurin von "Gesundheit & Erziehung für mein Kind"
und liefert gleich auch ein paar Regeln mit. Ohne belehren zu wollen und obwohl das nicht unserem Stil entspricht, möchten wir euch diese nicht vorenthalten.

1. Eine freundliche Begrüßung:
Um einem anderen zu zeigen, dass er willkommen ist, sollte Ihr Kind ihn ansehen und freundlich grüßen, z. B. mit einem "Guten Tag!". Besonders persönlich wird die Begrüßung, wenn es dazu auch die Hand gibt (bitte nicht dazu zwingen, wenn es das nicht möchte!). Gleiches gilt natürlich auch für die Verabschiedung.
Was hätte Frau Doktor wohl zu meinen italienischen Verwandten gesagt, die mich als Kind nötigten, sie abzuknutschen?!?

2. Die Zauberwörter "bitte" und "danke":
Ihr Kind lernt schon sehr bald, dass es mit einem "bitte" viel eher (wenn auch nicht jedes Mal) die Erfüllung seiner Wünsche erreicht. Und sein "danke" zeigt dem anderen, dass es sich über das, was es bekommen hat, freut.
Das kann auch ausarten: Unser Sohn schreit manchmal minutenlang "Biiiiiitttteeeee!!!"

3. Entschuldigung:
Wenn Ihr Kind einem anderen wehgetan oder ihm Unrecht getan hat, kann es durch ein "Entschuldige bitte!" zeigen, dass es ihm leid tut. Dann fühlt sich der andere gleich besser.
Gute Idee. Ausser sie haben es mal erlickt und hauen dich dann ständig, um sich danach gleich wieder zu entschuldigen. So geschehen bei uns zu hause.

4. Ausreden lassen:
Ihr Kind sollte lernen, zuzuhören und einem anderen, wenn er redet, nicht ins Wort zu fallen. Das ist natürlich für ungeduldige Kinder besonders schwierig. Erklären Sie Ihrem Kind, dass es selbst ja auch möchte, dass die anderen zuhören, wenn es etwas zu erzählen hat.
Leider sind wir Erwachsenen da auch nicht immer Vorbilder. Siehe die Arena auf SF1.

5. Schimpfwörter sind tabu:
Sie verletzten den anderen und sind deshalb selbst dann, wenn Ihr Kind sehr wütend ist, tabu. Notfalls kann es sich in seinem Zimmer so richtig ausschimpfen, wenn es keiner hört.
Gopfeteli, wo hat das Kind nur die vielen Fluchwörter her?

6. Tischmanieren:
Wenn sich alle bei Tisch an ein paar einfache Regeln halten, verlaufen die Mahlzeiten entspannter. Hierzu gehören: Hände waschen vor dem Essen, Besteck benutzen (Löffel, Gabel und je nach Fingerfertigkeit auch Messer), nicht mit dem Stuhl kippeln, mit vollem Mund nicht sprechen. Ab fünf Jahren können Sie von Ihrem Kind auch verlangen, dass es sitzen bleibt, bis alle aufgegessen haben.
Sie hat schmatzen, in der Nase bohren und mit dem Röhrli Blöterli machen vergessen...

Nein, im Ernst, alles lobenswerte Regeln. Aber wieso klingen solche Ratschläge seitens "Pädagogen" immer so....so.....so.... als wären wir nicht selber darauf gekommen? Aber das scheint noch anderen so zu gehen. Wahrscheinlich gibt es deshalb so viele Bücher zum Thema.


Quellen: Verlag für die Deutsche Wirtschaft AG und Gesundheit & Erziehung für mein Kind


Kommentare

Anonym hat gesagt…
Die Starbucks-Szenerie hat mich gleich angesprochen. Erst fühlte ich mich ertappt, dann erlöst, da so schlimm es nun mit meiner Tochter doch nicht ist. Mit ihren knapp zwei Jahren ist das Warten auf den Tee immer eine Herausforderung. Zum Glück hat es in Starbucks häufig genügend Platz, dass sie sich eigentlich frei bewegen kann. Doch eben leider selten so, wie ich mir das vorstelle. Kaffe oder Tassen bringen, umräumen, aufschichten gehört auch zu ihrem Repertoire. Und immer bin ich in der Zwickmühle. Soll sie sich doch eigentlich auch mal frei bewegen können, in einem einigermassen sicheren Raum, ohne Geplärre (wenn sie im Wagen sitzen muss) und doch dann meine Schweissausbrüche, wenn die freundliche Aufforderung meinerseits jetzt alles wieder "zu versorgen" leider nicht immer entsprochen wird.
Starbucks - ein heisses Pflaster.
Schlimm sind doch auch die fiesen Blicke der anderen Gäste – so wie meiner, als ich besagter Familie zuschaute... Ich glaube einfach, dass es ein Minimum an Rücksichtnahme gibt, Kinder hin oder her. Denn ich habe keine Lust, meine Restaurant-Besuche auf Migros und Coop zu beschränken...

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