Wer mich bzw. Rabenmutter (Blog und Buch) noch nicht kennt,
braucht für diesen Text eine kurze Orientierung: Bei Sassines sind wir 2 Männer
(Vater und Sohn, 21) und zwei Frauen (Tochter, bald 17, und ich). Soviel zur
Demografie des Hauses.
Als mein Sohn in die Pubertät kam, gab es schwierige Zeiten.
Wir sind uns sehr ähnlich, will heissen, wir sagen, was ist. Sowohl im Positiven,
wie aber auch im Negativen. Wenn uns also etwas nicht passt, meckern wir
genauso, wie wir spontan «Ich liebe dich» sagen können. Jedoch gab es Zeiten,
da war es kein meckern mehr, vielmehr gingen wir uns regelmässig an die Gurgel
mit ausgewachsenen Wutanfällen, die einem Orkan ähnelten. Sowohl in der Kraft,
als auch in der Lautstärke. Diese endeten jeweils mit einem Türenschletzen
seiner- und einer Putzaktion meinerseits (Ich putze nicht gerne, ausser ich bin
wütend. Meine Laune lässt sich also direkt an der Sauberkeit unseres Hauses
messen.) Die anderen zwei Sassines, Vater und Tochter, verzogen sich dann
jeweils in ihre Zimmer und wunderten sich, wenn der Grosse und ich nach einer
Stunde wieder Frieden geschlossen haben. Denn ja, wir sind schnell laut, aber
nachtragend sind wir nicht.
Das war vor ca. fünf Jahren. Am schlimmsten war es einmal im
Monat, nämlich dann, wenn Mama PMS hatte. Die prämenstruellen Stimmungsschwankungen, an
denen viele Frauen seit ihrer ersten Menstruation leiden, werden mit einerm
Pubertier noch mehr getriggert, musste ich feststellen. Aber es kam – wie
erwartet – noch schlimmer. Gleichzeitig mit der Pubertät unserer Tochter kam nämlich
der nächste Drache ins Haus: Meine Perimenopause. Yai!
Nun hat die Kleine nicht das aufbrausende Temperament ihres
Bruders (gottseidank!). Wenn sie sauer ist, schmollt sie eher oder sie verzieht
sich. Einmal im Monat wäre das also durchaus machbar, müsste man meinen. Doch
die WECHSELjahre heissen wohl so, weil Mamas Stimmung eben nicht nur monatlich
mit dem Zyklus, sondern gefühlt stündlich WECHSELT! Und dann nicht nur so wie
bei PMS, wenn ich mir selbst leid tue und das Gefühl habe, «ich mache hier
alles alleine und keiner hat mich lieb!»…
Denn ehrlich gesagt ist PMS ist für Sissys! Meine Stimmungsschwankungen
heute? Die gehen von «keiner hat mich lieb und ich bin hier eh nur das
Dienstmädchen» über «ich suche mir eine Wohnung und ziehe heute noch aus.» bis
hin zu «heute wird mein Mann sterben müssen.»
So kann es sein, dass ich dem Tochterkind lediglich einen «Guten Morgen!» wünsche und sie aus dem Nichts schon ultimativ genervt grunzt. Worauf ich je nach Tagesform sauer reagiere, sie die Augen verdreht, ich sie ankeife, von wegen Respekt und sie aus dem Haus stürmt… Der Tag ist schon morgens um sieben gelaufen. Ich habe ein schlechtes Gewissen, sie fühlt sich schlecht, das Leben ist bescheuert. Muss das sein?
Wut und Bartwuchs
Anscheinend schon. Denn ich bin – wie immer – nicht alleine
damit. Wenn ich darüber rede oder schreibe, kommt immer wieder der Einwand, es
sei noch schwerer, wenn Teenager zu
erziehen sind, die ihre eigenen
emotionalen und körperlichen Veränderungen durchmachen. Mütter und ihre
Teenager erleben dabei nicht nur
eine erhöhte Reizbarkeit, auch Haarwuchs
an neuen und abenteuerlichen Stellen,
unangebrachtes Schwitzen, Gewichtsschwankungen,
Brainfog und ein allgemeiner Identitätswechsel, sind immer wieder Thema.
Heute treffen
Perimenopause und Pubertät häufiger als früher zusammen, schliesslich liegt das Durchschnittsalter von Schweizer Erstlingsmüttern bei 31 Jahren, während es 1972 noch bei 21 Jahren lag.
Die Perimenopause beginnt im Durchschnitt im Alter von 47 Jahren, so dass immer
mehr Mütter zur gleichen Zeit wie ihre Kinder in eine «tiefgreifende
Identitätsveränderung» eintreten. Ich habe meine Kinder mit 30 und 35 Jahren bekommen, was die Katastrophe vorprogrammierte. Wieso sagt
einem das keiner, wenn man Kinder bekommt? Das Timing ist bescheiden, sag’ ich
euch!
Ich will hier keine Tipps geben, wie ihr diese Zeit
unbeschadet übersteht, schliesslich bin ich keine Expertin auf dem Gebiet, nur
eine Mitleidende. Ich denke aber, es ist wie mit allem, was das Elternsein
betrifft: Wir müssen darauf vertrauen, dass es vorbeigeht. Auch das ist «nur e
Phase». Vielleicht können wir in einer ruhigen (und gut gelaunten) Minute darüber
reden, die eigene Gefühlslage erklären. So finden wir die Parallelen des Hormonchaos’
und haben mehr Verständnis für unsere Teenager und sie für uns. Wichtig scheint
mir ausserdem, auch mal zugeben zu können, dass man sich daneben benommen hat. Und
viel Raum lassen. Ganz. Viel. Raum. Emotional, wie auch wortwörtlich.
Ich wünsche euch viel Glück und würde mich freuen, wenn ihr mir in den Kommentaren erzählt, wie es bei euch so läuft in der Hormonhölle!
P.S. Ja, ich weiss, dass die wechseljahre auch ganz viel Cooles und Positives mit sich bringen. Das wird aber ein andermal Thema, ok?
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