Direkt zum Hauptbereich

Genderspezifische Nix-Könner



Weihnachtskataloge flattern uns schon wieder ins Haus. Und werfen Fragen auf.

Juhuiii, Schweizer Einzelhandelsunternehmen sandten auch diesen Oktober wieder Katalog-Heftchen in alle Haushalte. Gefüllt mit Plastik-Spielsachen, schön in Mädchen- (rosa) und Jungs- (blau) Kapiteln geben Sie im Hause Sassine schon wieder Anlass zu wiederholtem, heftigem Kopfschütteln.
Für Sie herausgepickt:
  • ein Plastik-Haarfön, der nicht bläst.
  • ein Barbie-Auto, in das Barbie offenbar gar nicht reinpasst.
  • ein Make-up-Set für 5-Jährige (?!?!)
  • ein Plastik-Staubsauger, der zwar genauso aussieht wie unserer, aber nicht saugt... (das nennen die dann «kindergerechte Funktionen»)
Und so weiter und so fort. Natürlich fällt auf, dass es sich bei den unnützen Geschenken nur um Mädchensachen handelt. Oder liegt es daran, dass ich selber eine Frau bin? Oder anders gesagt, es fällt auf – wie jedes Jahr –, dass diese überhaupt als «Mädchensachen» zu erkennen sind. Die Seiten rosa, die Models weiblich, die Untertitel wie aus den 50ern: «Willst du Mami beim Staubsaugen helfen?» (Papi braucht keine Hilfe, der kann das alleine? Oder weiss Papi erst gar nicht, wie man den Staubsauger bedient?). Nun gehöre ich nicht zu denen, die krampfhaft versuchen, gender-neutrales Spielzeug ans Kind zu bringen, aber das ist sogar mir zu doof.

Auf jeden Fall verstehe ich nicht, wieso ein fünfjähriges Mädchen ein Make-up-Set braucht mit grünem und blauem Lidschatten, pinkem Lippenstift und rotem Nagellack. Ich habe damit gleich zwei Probleme:

1.  Make-up für ein Gesichtchen, das eben noch ganz ohne Make-up zauberhaft aussieht und für eine Haut, die noch nie Chemie erleiden musste?
2.  Wieso soll sich meine Tochter bunt schminken lernen? Damit ich es ihr nachher wieder abgewöhnen muss, weil sie sonst rumlaufen wird wie die Dorf-Puffmutter?
Ich weiss, Kinder verkleiden sich gerne und wir Mütter sind Vorbilder und ja, ich schminke mich auch. Trotzdem habe ich enorme Mühe damit, wenn der Katalog-Text lautet «...alles, was du zum Schminken und Stylen brauchst.» Brauchen? Ein Mädchen braucht Liebe, gutes Essen und warme Kleidung. Aber Make-up?

Nur so tun als ob
Fast noch dümmer finde ich aber den Staubsauger und den Fön. Wenn solche Spielsachen wenigstens einen Nutzen hätten wie das selbständige Saubermachen des eigenen Kinderzimmers bzw. Trocknen der Haare! Aber nein, sie sollen nur so tun als ob. Einverstanden, spielen ist spielen und nicht putzen oder frisieren. Aber tun Kinder nicht auch lieber etwas Richtiges, wenn sie schon ein Utensil haben, das genauso aussieht wie das echte? Ich glaube schon! Wieso sonst würden die meisten Kinder sich mindestens einmal im Leben selber die Fransen schneiden? Nicht mit der stumpfen Bastelschere, am Liebsten mit der Küchenschere, so dass die Fransen WIRKLICH ab sind! Wieso diese Inkonsequenz? Ein echtes Make-up-Set versus ein falscher Staubsauger. Macht irgendwie keinen Sinn, finden Sie nicht?

Spielzeughersteller sollte man sein, dann hätten wir Eltern mehr von den Geschenken, glauben Sie mir. Und nun raten Sie mal, was sich meine Tochter zu Weihnachten wünscht? Genau, den gender-spezifisch genau definierten Staubsauger, der nix kann! Ach ja, und ein lebensgrosses Zwergpony...

Übrigens: Die Kampagne Pink Stinks setzt sich (u.a. mit dem «wir eltern»-Blogger Nils Pickert)  gegen Produkte, Werbeinhalte und Marketingstrategien ein, die Mädchen eine limitierende Geschlechterrolle zuweisen. Diese «Pinkifizierung» trifft Mädchen und Jungen gleichermassen, und Pink Stinks möchte diesem Trend entgegenwirken. Sie werben für ein kritisches Medienbewusstsein, Selbstachtung, ein positives Körperbild und alternative weibliche Rollenbilder für Kinder.

Neben "Pinkstinks" gibt es auch die Initiative "Let toys be toys - For girls and for boys", die sich dafür einsetzt, dass Spielzeuggeschäfte ihre Rayons nicht nach Buben und Mädchen anschreiben, sondern nach Interessengebieten. Es wäre ja schade, wenn Buben nur deshalb nicht Staubsaugen lernten, weil "für Mädchen" an den Dingern angeschrieben ist...
(Danke Katharina für den Hinweis!
)

Kommentare

Lorelai hat gesagt…
Mal ernsthaft: DU entscheidest, was Dein Kind bekommt. Und der Staubsauger oder Fön würden halt einfach sehr viel kosten wenn sie wirklich blasen und saugen (ähem...) könnten. Und die Spielküche und Spielkaffeemaschine etc. funktionieren ja (zum Glück) auch nicht. Sieh mal, Du musst diese Dinge ja nicht kaufen. Bezieh Dein Kind einfach in den Haushalt mit ein und gut ist. Es gibt eben Mütter, die stört ineffizientes, stundenlanges Staubsaugen und drücken dem (dann zufriedenen Kind) lieber das Pseudo-Ding in die Hand, das nur so tut als ob. Ich kenne übrigens Kinder, die das Ding echt lieben. Ich finds auch doof wenn ich 3(!)jährige mit lackierten Nägeln sehe (offenbar gibt es aber Kinderlack, der ungefährlich ist und so wird's wohl auch beim Makeup sein...) aber ich erinnere mich, dass ich selber in dem Alter auch so ein Set wollte und bekam. Ich hab's aber nicht dauernd benutzt. Ein bisschen Mädchen darf man doch sein dürfen... Ich würde meiner 5-Jährigen den Wunsch nach genderspezifischem Spielzeug sicher nicht gänzlich ausschlagen zumal ich weiss, dass sie sich auch sehr gut mit dem Jungsspielzeug ihres Bruders beschäftigt. Und der hat sich übrigens im zarten Alter von wenig über einem Jahr von ganz allein ohne Zureden gezielt die Jungsspielsachen ausgesucht und die pinken Sachen links liegen gelassen...

Beliebte Posts aus diesem Blog

Das Allerwichtigste

    Als ich mir überlegt habe, was ich nach all den Jahren hier mit euch teile, war das erste Thema ziemlich klar: Was ist das Wichtigste für dich als Mutter? In der Schwangerschaft, bei der Geburt, als die Kinder klein waren und heute? War es immer dasselbe? Natürlich sind die Kinder das Wichtigste, die Partnerschaft, eine gewisse Sicherheit, auch finanziell. Aber das meine ich nicht.  Was hat dir das Überleben als Mutter sozusagen gesichert? Wie hast du die langen Tage geschafft, den wenigen Schlaf gemeistert, den Frust, die Sorgen, die Selbstzweifel? Na?  Ich kann ja nicht für alle reden, aber bei mir waren es - abgesehen von meinem Mann - ganz klar: die Frauen in meinem Leben. Meine Freundinnen. Ohne die ich wohl früher oder später wahlweise abgehauen, durchgedreht oder zusammengebrochen wäre. In dieser oder einer anderen Reihenfolge.  Meine Freundinnen sind mein Fels in der Brandung. Mein Punching Bag. Meine Klagemauer. Es sind Mütter von älteren, aber auc...

Die Hormonhölle

  Wer mich bzw. Rabenmutter (Blog und Buch) noch nicht kennt, braucht für diesen Text eine kurze Orientierung: Bei Sassines sind wir 2 Männer (Vater und Sohn, 21) und zwei Frauen (Tochter, bald 17, und ich). Soviel zur Demografie des Hauses. Als mein Sohn in die Pubertät kam, gab es schwierige Zeiten. Wir sind uns sehr ähnlich, will heissen, wir sagen, was ist. Sowohl im Positiven, wie aber auch im Negativen. Wenn uns also etwas nicht passt, meckern wir genauso, wie wir spontan «Ich liebe dich» sagen können. Jedoch gab es Zeiten, da war es kein meckern mehr, vielmehr gingen wir uns regelmässig an die Gurgel mit ausgewachsenen Wutanfällen, die einem Orkan ähnelten. Sowohl in der Kraft, als auch in der Lautstärke. Diese endeten jeweils mit einem Türenschletzen seiner- und einer Putzaktion meinerseits (Ich putze nicht gerne, ausser ich bin wütend. Meine Laune lässt sich also direkt an der Sauberkeit unseres Hauses messen.) Die anderen zwei Sassines, Vater und To...

Wenn nichts mehr geht - knapp am Burnout vorbei

Monatelang stand ich unter Strom. Dann kam der Stromausfall. Wie ich an einem Burnout vorbeirasselte… Das Hirn läuft auf Hochtouren.  Verträge aushandeln . Kuchen backen für diverse Schulevents. Den Grossen zur Töffliprüfung fahren. Hat mein Mann jenen Termin gesehen? Nochmal überprüfen. Die Grossmutter zum Arzt begleiten. Schon wieder ein Mail von diesem Geschäftspartner, dessen niveauloser Ton an Trump erinnert. Und noch ein Problemfall mit Kunden, den wir zwar nicht verschuldet haben, aber ausbaden müssen. So sahen meine letzten Monate aus. Eure vielleicht auch.   Weiterlesen auf Any Working Mom. ( Photo by  Dingzeyu Li  on  Unsplash )