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Mama ist zu alt





Der Wiedereinstieg ist für viele Mütter ein Problem. Nicht nur wegen der langen Abwesenheit. Auch das fortgeschrittene Alter erschwert die Jobsuche.


Dass der Mutterschaftsurlaub nicht mit Urlaub zu tun hat, hatten wir schon. Das erklärt wohl auch den Wunsch vieler Mütter, nach ein paar Monaten oder Jahren wieder in einen Beruf einsteigen zu wollen, um ihre Hirnzellen anders einzusetzen. Oder einfach, um aus dem Haus zu kommen. Oder sie haben gar keine Wahl, weil ein Einkommen einfach nicht ausreicht.


Aus welchem Grund auch immer, viele Mütter suchen früher oder später wieder einen Job, der ihren Qualifikationen entspricht. Und zurzeit sehen die Jobsites gar nicht so schlecht aus. Auf den ersten Blick scheint es ziemlich viele Angebote zu geben, sogar manche in Teilzeit.


Begriffe wie «erfahren», «verantwortungsbewusst», «belastbar» oder «teamfähig» lassen das Mutterherz schneller schlagen in der Hoffnung, wir hätten eine Chance. Schliesslich haben wir Erfahrung, sowohl in unserem Beruf (den wir meist bis zur Mutterschaft ausgeführt haben und der uns im besten Fall Spass machte) als auch im Leben. Verantwortung tragen wir jeden Tag für unsere Familie. Sie sind warm angezogen, haben immer was zu essen und ein Dach über dem Kopf. Belastbar sind wir spätestens seit jener Nacht, als wir in die Notaufnahme rasten, weil die Kleine 40°C Fieber hatte. Oder seit wir die Polizei haben kommen lassen, weil der Grosse während fast zwei Stunden verschwunden blieb. Belastbar? Abgehakt! Und über «teamfähig» brauchen wir gar nicht erst zu reden, oder? Schliesslich ertragen wir stoisch den Papa, der unsere Kinder ohne jegliche Ahnung von Style kunterbunt anzieht und jeden Abend kurz vor dem zu Bett gehen aufputscht, als müssten sie die Tour de France gewinnen. Wir unterstützen seine väterlichen Tätigkeiten, weil wir eben teamfähig sind und nicht alles selber entscheiden und schon gar nicht tun wollen.


Angenommen, die fachlichen Fähigkeiten stimmen ebenfalls, ist das Stelleninserat mit all diesen Begriffen also wie für uns gemacht. Ganz aufgeregt überlegt Mami sich schon, wie sie die Bewerbung schreiben wird, welche Erfahrungen sie besonders hervorheben und wie sie dem zukünftigen Arbeitgeber etwas Honig um den Mund streichen wird. Und dann liest sie sie. Die ominösen Zeilen: «Max. 20- bis 30-jährig». Autsch!


In einer Zeit, in der Mütter immer später ihr erstes Kind bekommen, ist die Altersfrage keine belanglose mehr. Ehrlich gesagt, ist es mir schon oft passiert, dass ich das Alter völlig überlesen habe, einfach weil ich mich noch nicht so alt fühle. Und weil Worte wie «Erfahrung» einfach ein gewisses Alter voraussetzen. Könnte man zumindest meinen. Ist aber nicht so, nicht für einen potentiellen Arbeitgeber, der sich scheut, zu viel Lohn und Pensionskassenbeiträge zu bezahlen.


Die Erfahrung soll zwar langjährig sein, die Haut aber bitte nicht. Die Belastbarkeit soll erprobt sein, aber bitte bereits aus dem Sandkasten heraus. Und die Verantwortung ist gefälligst nicht aus Erfahrung, sondern als Charakterzug bereits aus der Wiege mitzubringen.


Man liest immer wieder, wie schwer der Wiedereinstieg für Mütter ist, Politiker und -innen schreiben sich die Vereinbarkeit von Beruf und Familie gross auf ihre Fahnen. Aber niemand spricht davon, dass man irgendwann einfach zu alt für einen Neustart ist. Babypause hin oder her.


Wie ist es bei Ihnen? Welche Erfahrungen haben Sie mit Ihrem Status als Mutter und Ihrem Alter bei der Jobsuche?

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