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Generation Retro


Die nächste Generation scheint alten Rollenbildern nachzueifern. Und die Mütter sind schuld daran.

Neuer Feminismus, Rollenmuster aufbrechen, Wochentagspapis und Karrieremütter. Lauter Themen, denen wir immer wieder begegnen, mit mehr oder weniger positiver Färbung. Grabenkämpfe, die wir ausfechten und die bereits die Köpfe unserer Eltern rot werden liessen. 


Umso erschreckender ist deshalb die Erkenntnis, dass die heutige Jugend nicht viel weiter ist als wir damals. Mit zwanzig diskutierten wir auch – und tun es manchmal heute noch – ob wir uns vorstellen könnten, zu studieren, zu arbeiten, um dann die hart verdiente Karriere zwecks Kindererziehung aufgeben zu wollen. 
Der Beobachter fragt sich in seiner neuen Ausgabe, was die Jugend denn nun wirklich beschäftigt. Die «Lauschangriffe» auf drei junge Frauen und drei junge Männer sind ernüchternd, um nicht zu sagen enttäuschend.

Familienplanung ist Frauensache
Doch zuerst zum Positiven: Diese jungen Frauen und Männer scheinen sehr selbstbewusst zu sein und mit beiden Beinen im Leben zu stehen. Sie machen sich keine Illusionen darüber, dass das Leben kein Zuckerschlecken ist und wissen, dass man etwas für sein Glück tun muss.

Wenn die jungen Erwachsenen jedoch konkret werden sollen, wird schnell klar, wie veraltet ihre Rollenmuster immer noch sind. So sprechen die Männer viel über Karriere, Geld und Ausbildung und nennen die Familie «mehr ein Symptom des Lebens, als ein Ziel», ein Nebenprodukt also. Das liege auch daran, dass sich das Meiste sowieso «nicht planen» liesse, also wieso sich den jungen Kopf zerbrechen? Bei den Mädchen hingegen wird die Familie bereits in die Wahl des späteren Berufes mit einbezogen, was an sich natürlich vernünftig ist. Doch es sei eben halt auch mühsam, denn «man müsse alles planen». Ausserdem gäbe es immer noch Männer, die von einer Frau erwarten, dass sie sich um den gesamten Haushalt kümmere.

Das wundert nicht weiter, wenn man den Jungs zuhört: Auf die Frage hin, ob sie sich denn auch um Kind und Küche kümmern würden, erfährt man, dass man «gegen einen freien Tag pro Woche» ja nichts haben könne. Junge Männer scheinen heute immer noch zu denken, Kindererziehung und Haushalt hätten etwas mit Freizeit zu tun... 
Die Familienplanung ist also immer noch Sache der Frau und Männer definieren sich immer noch über ihre Karriere. Auch 2012. Auch für die nächste Generation.

Mütter, erzieht eure Söhne!
Woran liegt das nur? An den Vätern, die den Jungs ein schlechtes Vorbild sind, weil sie es gerade mal schaffen, den Müll rauszutragen und das Altpapier zu bündeln? Wenn es aber darum geht, die Waschmaschine anzuwerfen restlos überfordert sind? Wie soll ein junger Mann das Bild eines modernen Mannes «eingetrichtert» bekommen, wenn der eigene Vater keiner ist?

Und wieso ist Papa kein Wäsche waschender, kochender und putzender Mann, der liebevoll die Kinder erzieht? Wenn ich mich im Freundeskreis umhöre, wird sehr schnell klar warum. Weil Mama es nicht zulässt. Meist unbewusst, jedoch nicht weniger überzeugend erklären mir mehrfache Mütter, die teils erwerbstätig sind, sie würden halt vieles lieber selber erledigen, weil ihr Mann es eben nicht so gut könne. Oder am Beispiel der Umfrage über den männlichen Sockenkauf erklärt (Ein Viertel der Schweizer Männer delegieren den Sockenkauf an ihre Frauen): Wieso lassen Frauen ihre Männer nicht einfach ihre löchrigen Socken und kümmern sich um die eigenen Strümpfe?

Wie soll Vater also Vorbild sein, wenn Mutter ihn daran hindert? Und wenn sie ihn nicht lässt, wie steht es dann um die Söhne? Dass die ebenfalls nicht dürfen und es entsprechend nicht lernen, liegt irgendwie auf der Hand oder nicht? Das Klischee der italienischen Mamma, die nicht will, dass Sohnemann im Haus Hand anlegt, scheint die geographischen Grenzen längst überschritten zu haben.

Nun fragt sich, wieso Frauen und Männer immer noch so hart für die Auflösung starrer Rollenverteilungen und veralteter Clichés kämpfen, wenn wir dabei vergessen, unsere Kinder entsprechend zu erziehen.

Wenn wir unsere Ideale verfolgen und unsere Bedürfnisse verfechten, sollten wir daran denken, unsere Kinder daran teilhaben zu lassen, damit die nächste Generation weniger Arbeit hat. Denn was nützen Diskussionen, wenn jede Generation dieselben Fragen von neuem beantworten muss?

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