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Bedeutungsschwangere Bäuche

Wahlkampf mit Bauch: Ein Trend?

Als ich neulich, anlässlich eines Interviews von einer Journalistin der Frauenzeitschrift „Emma“ gefragt wurde, wieso Kinder haben in den letzten Jahren so öffentlich geworden ist, hatte ich erst einmal keine Antwort. Fakt ist, dass ich schon vor sieben Jahren, bei meiner ersten Schwangerschaft, ziemlich allergisch auf gewisse Fragen und (Re)Aktionen reagierte. Ich sehe bis heute nicht ein, wieso mir wildfremde Menschen an den Bauch hätten fassen dürfen oder wieso mich jeder ungestraft fragen durfte „Was git’s? En Bueb oder es Maitli?“

Doch ich bin nur ich. Keine öffentliche Person, kein Promi, keine First Lady. Anders liegt der Fall bei Bruderer, Wyss und Hutter. Um nur die Schweizerinnen zu nennen, die ihren Bauch in den Wahlkampf geschickt haben oder es demnächst tun. Auch das benachbarte Ausland spart nicht mit Schwangerschaftskampagnen, siehe Ex-Vizepräsidentin des Europarates Koch-Mehrin in Deutschland oder Madame la Présidente Carla Bruni. Schwangersein scheint zur Zeit – zumindest in der Politik – ansteckend zu sein.

Das ist so gesehen kein Problem, schliesslich bin ich Verfechterin der privaten Schwangerschaft, jede soll tun und lassen, was sie will. Aber eben diese Frauen müssen sich in aller Öffentlichkeit dazu äussern, wie lange sie gedenken, Mutterschaftsurlaub zu nehmen, ob sie überhaupt weitermachen, welches Pensum, wohin mit dem Kind, stillen oder nicht stillen etc. Und werden, egal, was sie tun, von rechts bis links (aber natürlich eher rechts) kritisiert. So meinte die ehemalige SVP-Nationalrätin Jasmin Hutter letzten Freitag, sie könne Bruderers Entscheid ja wohl überhaupt nicht nachvollziehen, sie sei seit der Geburt ihres ersten Kindes zu hause geblieben und seither noch viel radikaler geworden. Das sind wir alle, in die eine oder andere Richtung. Nur erzählen wir es nicht jedem Journalisten (zugegeben, uns fragt ja auch keiner) und betreiben damit insgeheim genau denselben Wahlkampf rechts, den sie der Linken mit den schwangeren Bäuchen vorwerfen.

Ob das nun gut oder schlecht ist, als Schwangere Ständerätin werden zu wollen (Bruderer) oder den Bettel ganz hinzuschmeissen (Hutter), ob es besser ist, die Schwangerschaft zu timen (Koch-Mehrin, die Geburt fällt auf die Sommerpause) oder sie erst einmal mit Designer-Garderobe zu kaschieren, wie Madame Sarkozy, kann und will ich nicht beurteilen. Besorgniserregend finde ich jedoch, dass man Bruderer nun Sympathiepunkte anrechnet, WEIL sie schwanger ist. Oder aber sie eine Rabenmutter schimpft, weil sie Kandidatin bleibt. Auch lese ich in der Presse, dass die Schweiz „zum ersten Mal eine Schwangere im Wahlkampf“ erleben wird. Was hat das noch mit Politik zu tun?

In Frankreich wird die Debatte übrigens ad absurdum geführt: Carla Brunis Schwangerschaft soll ihrem Mann (!!) 5% mehr Wählerstimmen bringen! Hoffentlich profitiert die Sängerin wenigstens genauso von dem neuen Baby (sofern sie wirklich schwanger ist) und verkauft mehr Platten. Dasselbe Land kennt paradoxerweise auch eine Ex-Ministerin, die den Namen des Kindsvaters bis heute nicht bekanntgegeben hat. Ob ihr dieses Verhalten geschadet hat, kann nicht genau eruiert werden.

Und solange wir in Bezug auf Frauen in der Politk, ihre Schwanger- und Mutterschaften so denken, so lange werden wir eben nicht gleichberechtigt sein. Oder wissen Sie genau, welcher Politiker wie viele Kinder hat und wann die geboren wurden? Eben!

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