Sommer-Best-Of: Der Trend zur Vollzeitmutter
Nicht bei uns, aber in Grossbritannien. Wo die Krise gross ist, müssen Frauen arbeiten. Entgegen jeder Annahme, sind sie darüber aber nicht glücklich: Sie wären lieber zu hause.
Die Zahl schockiert: 75. Soviele Prozent der britischen Mütter würden lieber nicht arbeiten gehen, sondern zu Hause beim Kind bleiben. In einem Land, in dem die Jobs rar und die Hypotheken hoch sind, bleibt vielen Frauen keine andere Wahl, als ein paar Wochen nach der Geburt wieder im Beruf einzusteigen. Die Umfrage der Vergleichs-Site «uSwitch» ergab, dass gerade einmal 12 Prozent der befragten Mütter gerne wieder arbeiten gingen, während 13 Prozent sich dessen nicht sicher waren.
Wahlfreiheit oder Zwang?
Hierzulande herrscht zwar immer noch die Meinung, die Wahl, ob Vollzeitmutter oder berufstätig, sei Privatsache. Doch immer mehr wird auch in der Schweiz klar: Arbeiten muss sich lohnen. Sowohl finanziell wie auch emotional. Gebe ich meine Kind in die Fremdbetreuung, wenn ich eigentlich lieber zu Hause bleiben würde, bloss weil die Emanzipation dies verlangt und ich sonst zur «Mutterkuh» mutiere? Will ich arbeiten, weil ich meinen Job liebe und mehr Geld in der Haushaltskasse nicht schaden kann? Arbeite ich, weil ich muss, um die Miete zu bezahlen und nicht bei jedem Glacé überlegen will, ob wir uns das leisten können?
Gründe, um nach der Geburt eines Kindes wieder berufstätig zu werden, gibt es viele. Immer weniger handelt es sich dabei jedoch um Selbstverwirklichung. Kleine Einkommen wissen das längst, der Mittelstand entdeckt es täglich von Neuem. So hat ein Doppelverdiener-Haushalt, der über 100'000 Schweizer Franken jährlich einnimmt, am Ende kaum mehr auf dem Konto, als der alleinverdienende Vater mit einem Lohn, der gerade einmal die Hälfte beträgt. Sozialleistungen und Steuereinsparungen seien Dank, lohnt sich das Teilzeitarbeiten für uns Mütter bald gar nicht mehr. (Genaue Zahlen erhalten Sie hier.)
Arbeiten, um die Betreuung zu bezahlen
Ich durfte das selber schon am eigenen Leib erfahren. Es gab Monate, da verdiente ich (als Selbstständige) gerade genug, um die Betreuung der Kinder zu bezahlen. Keinen Rappen mehr. Da hat mich auch schon eine Freundin ungläubig gefragt, wieso ich denn nicht einfach aufhören würde. Gute Frage. Nur: Ich liebe meinen Job, ich würde ihn nicht aufgeben wollen, um wieder Vollzeitmutter zu werden. Ich glaube fest daran, dass meine (und ich meine damit nicht grundsätzlich alle, aber meine) Kinder davon profitieren, die Krippe/Tagesschule/Spielgruppe zu besuchen, während ihre Mutter einem Beruf nachgeht. Doch frage ich mich manchmal schon, was das Ganze soll. Würde ich mehr arbeiten, um mehr zu verdienen, müssten meine Kinder ja noch öfter fremd betreut werden. Und das will ich wiederum nicht. Also doch Selbstverwirklichung?
Ob die Britinnen nun Recht haben mit ihrem Wunsch, zu Hause zu bleiben, muss jede selber wissen. Ich vermute mal, wenn man sie in ein paar Jahren nochmal fragt, dass die Zahl etwas kleiner ausfallen wird. Das Bedürfnis, bei seinem Baby bleiben zu wollen, ist verständlichweise gross, wenn die Kinder aber zur Schule gehen und einen nicht mehr soviel brauchen, würden einige vielleicht doch lieber etwas anderes tun, als kochen, waschen, putzen. Aber nur, wenn dabei etwas rausspringt, oder nicht?
Wie ist das bei euch? Arbeitet ihr für das Geld oder «zum Spass»? Und lohnt es sich? Oder wärt ihr lieber zu Hause?
Kommentare
Wir planen gerade Kind Nummer zwei. Klingt blöd, ist aber so. Das muss man sich (wir zumindest) ja schon auch finanziell gut überleben. Und bei mir taucht jetzt schon die Frage auf: Soll ich wirklich noch arbeiten gehen dann? Weil: mit zwei Kindern in der Kita bleibt grad fast gar nichts mehr übrig von meinem verdienten Geld. Und mein Job ist wie gesagt nicht das gelbe vom Ei sondern einfach ein bisschen Ablenkung und so. Eine schwierige Frage. Ich zerbreche mir sehr den Kopf.
Unter dem Strich, so schlimm es klingt: nach unseren Sommerferien freute ich mich tatsächlich wieder aufs Büro, einfach weil ich mit dem 100% Mamijob nicht ganz klar komme. Ich fühle mich manchmal etwas alleine mit diesen Gefühlen und weiss nicht so recht was ich damit anfangen soll.
du fühlst dich alleine? du bist es mit garantie nicht! diese fragen stellen sich ganz viele mütter, eine antwort findet sich mit der zeit schon. ich wäre damals einfach froh gewesen, hätte mir jemand gesagt, dass sich die situation und die stressbedingten probleme immer wieder verändern, nix is fix. wenn die kinder älter sind, wird vieles einfacher, auch das schlechte gewissen legt sich.
bezeichnend finde ich deinen tippfehler "überleben" statt "überlegen"... freud hätte seine freude! ;-)
ich habe am ende immer auf den bauch gehört. und ein bisschen auf meinen mann, weil er - wieso auch immer - mehr distanz zum thema hat.
ich wünsche dir alles gute und viel spass beim üben! ;-)
liebe grüsse
Wir sind leider längst nicht mehr da, dass wir arbeiten, um uns selbst zu verwirklichen. Klar, es gibt Ausnahmen, die diesen Traum leben können, aber die Regel ist es wohl, Geld verdienen zu müssen. Hier in D steigt die Anzahl derer Mütter, die bis zu 3 Teilzeitstellen annehmen müssen. Das sind dann meist Alleinverdienerinnen (weil alleinerziehend), aber es spricht schon für sich. In einer solchen Situation kann sich keine Frau denken: Prima, drei Jobs, damit verwirkliche ich mich selbst ...
Wir haben echt Glück, dass wir das bei uns so regeln können!