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Mama zieht aus

Kramer gegen Kramer: Sie zieht aus. Schockierend?
Es war einmal eine Frau, die hatte eine Familie. Drei Kinder, Mann, Haus und Hund. Der Mann verdiente gut, er war ein guter Vater und Ehemann, das Haus war schön, der Hund stubenrein. Doch die Frau wollte nicht so richtig glücklich sein. Es war ihr alles zu perfekt. Die Perfektion ihres Lebens konnte auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie sich eingesperrt fühlte in eben diesem Leben.
Ihr fehlte die Spontanität, ihre Sachen packen zu können und in den Amazonas zu reisen, statt täglich Wäsche zu waschen. Oder einfach nur eine Nacht durchzutanzen, statt zum vierzehnten Mal geweckt zu werden, weil eines der Kinder was wollte. Kurz: Sie wollte wieder Macht über ihr eigenes Leben haben. Doch niemand verstand ihr Problem, sie hatte doch alles und ihr Mann war doch so lieb! Wie konnte sie es wagen, sich zu beklagen?
Eines Tages mochte sie nicht mehr. Sie mochte nicht mehr die liebe Mama sein, die geduldige Zuhörerin, die bastelnde Entertainerin, die Pflästerli-klebende, Geburtstagskuchen-backende Übermutter. Sie wollte wieder frei sein! Tun und lassen, was sie wollte, wann sie wollte und mit wem sie wollte! Sie nahm sich eine Wohnung und war von nun an wieder frei!
Papa blieb indes zu hause bei den Kindern, und wenn er nicht gestorben ist, kocht, putzt und tröstet er heute noch.

Die Schweiz kennt eine Scheidungsrate von ca. 50 Prozent. Meist sind es die Männer, die im Trennungsfall ausziehen, die Kinder nur noch am Wochenende sehen und weiterhin grösstenteils für die Familie aufkommen. Die Mütter bleiben zusammen mit den Kindern im alten Zuhause, kümmern sich alleine um sie und müssen zuschauen, wie sie sich organisieren. Was, wenn die Sachlage mal umgekehrt wäre? Mama zieht aus und Papa bleibt bei den Kindern? Ist es Ihnen bei obiger Geschichte auch so ergangen wie mir? Die Tatsache, dass die Mutter die Familie verlässt hat mich schockiert. Nicht nur, weil die Kinder sie jetzt nur noch sporadisch sehen, das wäre bei Auszug des Vaters ja umgekehrt genauso gewesen, beides ist für die Kinder nicht ideal.
Es ist vielmehr dieses Gefühl – und glauben Sie mir, ich wehre mich auf jeder Ebene dagegen, beruflich wie auch privat – dass die Kinder doch ihre Mutter brauchen! Und zwar mehr als ihren Vater! Die kann doch nicht einfach abhauen! Dass Väter dies täglich tun, scheint auf einem anderen Blatt geschrieben zu stehen. Auch bei mir mir, zumindest im ersten Moment. 

Natürlich wurden bei der Geschichte viele Faktoren nicht berücksichtigt, wie die finanzielle bzw. berufliche Situation der Eltern und die Frage, was in der Ehe falsch lief und wie sich die Kinder dabei fühlen. Doch die Frage bleibt: Wieso denken wir so? Wieso ist es 2011 immer noch schockierender, wenn eine Mutter ihre Koffer packt, als wenn ein Vater ein neues Leben beginnt? Statistisch betrachtet, sind 85% der Alleinerziehenden Mütter. Es gibt immer mehr Wochentagsväter, was spricht also gegen Wochenend-Mütter? 
Oder was halten Sie von einer Mutter, die bei Trennung auszieht?

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