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Die Memmen-Mutti

Multitasking war einmal. Zumindest bei mir.

Immer wieder lesen wir über XXL-Familien, Mütter mit 14 Kindern und Clans, die seit Generationen den nationalen Durchschnitt des Nachwuchses in die Höhe drücken. Erzählungen von Eltern, die den Alltag mit Bravour meistern und ihre Kinder gezwungenermassen zur Selbständigkeit erziehen, irritieren mich zuweilen. Einerseits bewundere ich diese Mütter, für die ihre Kinder nur Segen sind und Schnäppchen jagen ein spannendes Hobby darstellt. Andererseits bodigt mich die Erkenntnis, wie unfähig ich im Gegensatz zu ihnen bin. Mal ehrlich, meine zwei Kinder, ihre Erziehung, mein Beruf und mein Haushalt fordern mich management-technisch manchmal derart heraus, dass ich mich frage, wie ich es bewerkstelligen würde, wenn ich mit einem Dutzend mehr davon „gesegnet“ wäre. So ganz ohne Aufputschmittel und Supernanny.

Gerade die letzten Wochen waren besonders anstrengend: An Folter grenzenden Schlafmangel, Vater und Sohn mit Grippe im Bett, eine kleine Pestbeule mit enormem Entdeckungsdrang (unsere WC-Bürste hat es schon bis in den Garten geschafft), die Einführung in die Krippe und ein paar neue Aufträge. Das haut die beste Projektmanagerin um. Hoffe ich.

Die Überforderung kam zu einem Päckchen gebündelt eines Abends, als der Vater krankheitsbedingt einen Zwölf-Stunden-Marathon bewältigt: Ich stecke die Kinder in die Badewanne, in der Annahme, dass der sonst sehr hilfreiche Daddy bald – möglichst frisch – aufwachen wird und sich zu ihnen gesellt, während ich koche. Tut er aber nicht. Aufwachen, meine ich. Trotzdem habe ich schon angefangen zu kochen, denn die Hoffnung stirbt zuletzt. Denn eigentlich bin ich ja froh, dass die Kinder im Bad stecken, so stört mich keiner in der Küche (Ich muss gestehen, ich koche nicht gerne und schon gar nicht gut. Deshalb macht mich Ablenkung nervös.). Um jedoch die totale Aufweichung meines Nachwuchses zu vermeiden und der Papa immer noch keine Anstalten macht, aufzustehen, bleibt mir nach 20 Minuten doch nichts anderes übrig, als sie völlig verschrumpelt aus dem Wasser zu holen. Und unser Abendessen der Gefahr auszusetzen, anzubrennen. Doch dann geht der Stress erst richtig los. Die Kleine krabbelt mir mit Vorliebe zwischen den Füssen herum, wenn ich in der Küche stehe. Den Grossen hat das Bad zu neuem Leben erweckt, er quasselt mich voll über Beethoven und dass er taub war und trotzdem so tolle Musik schreiben konnte (er steht auf "Freude schöner Götterfunken". Bei ihm ist die Tochter jedoch aus „Aluminium“). Völlig entnervt knalle ich ein nicht gerade ansehnliches Abendessen auf den Tisch, zudem sich der gnädige Herr hungrig hinzusetzt. Mein Knurren ist unüberhörbar.

Fazit: Meine Multitasking-Fähigkeiten schwinden zusehends. Sah ich mich früher als eine Art Supergirl im typisch weiblichen "Ich-kann-reden-zuhören-schreiben-waschen-bügeln-sexy-sein-und-das-alles-gleichzeitig", so fällt es mir heute schon schwer, die Wäsche zusammenzulegen und nebenbei meinem Mann zuzuhören, wie er von seinem Tag berichtet.

Immer wurde uns Frauen nachgesagt, wir seien die Multitasker, Männer könnten keine zwei Sachen gleichzeitig erledigen. Für Forscher stimmt das so nicht. Multitasking kann keiner gut - weder Mann noch Frau. Es schadet der Produktivität. Doch natürlich haben die ganz Schlauen auch hierfür Tipps. Am besten gefällt mir Tipp Nummer 1: Schlafen. ICH würde ja, aber meine Tochter eben nicht!

Wahrscheinlich ist die beschriebene Situation, die ja nur etwa eine Stunde dauerte für die meisten von Ihnen Pipifax. Ich war danach erschöpft. Und das ist eigentlich das Schlimmste daran: Bin ich eine Memmen-Mami? Eine Susi-Mutti? Ein Weichei also?



Dieser Post ist ebenfalls auf dem wir eltern Blog zu lesen.

Kommentare

Karla hat gesagt…
Klingt schon etwas memmig, ehrlich gesagt. Meine Kinder haben 3 Jahre nicht geschlafen, ich musste sogar zur Kur, weil ich kurz vor dem Zusammenbrechen war. Aber gottseidank geht diese Zeit vorbei und irgendwann sind sie auch selbständig genug und wir können uns wieder mehr uns selber widmen. Viel Glück!
Andy hat gesagt…
ich bin ein Memmen-Papa...
mehr unter www.papa-blog.com
Mittelmaßmama hat gesagt…
Du bist keine Memme, Du bist normal!
Auch eine Mutter von 14 Kindern wird garantiert das eine oder andere davon (oder alle?) mitunter am liebsten ins Land des Pfeffers wünschen, weil sie sich absolut überfordert fühlt. Natürlich nur insgeheim und vorübergehend.
Memmig ist doch eigentlich nur eines: Dass wir Normalo-Müter-oder-Väter ständig etwas finden, worüber wir heulen können, weil wir es nicht zum Wohle unserer Brut oder des allgemeinen Bildes über wohlsortieren Eltern machen...
Woher wir das nur haben?
Anonym hat gesagt…
Völlig normal! Ich fand das Leben mit zwei Kindern auch unglaublich anstrengend. Mit fünfen ist es schon deutlich beschaulicher geworden, dann quasseln sie nämlich nicht mehr immer die Mama voll, sondern unterhalten sich gegenseitig...

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