Teilzeitmann? Rabenvater?





Für Väter liest man vermehrt Begriffe, die einen falschen Eindruck vermitteln oder gar vollkommen sinnfrei sind. Ein Überblick.


Rund um die Diskussion zur Rolle der «Neuen Väter», die letzte Woche auch im «Club» diskutiert wurde, stolpert man in letzter Zeit über fragwürdige Begriffe, die man mir wirklich einmal erklären sollte. Ob ein Mann mehr oder weniger arbeitet, mehr oder weniger Zeit mit den Kindern verbringt, ob er den Haushalt macht oder nicht, oder eben lieber am Wochenende nur Zeitung liest, das alles macht aus einem Mann doch keinen anderen Mann. Aus einem Vater wird doch nicht ein anderer Vater. Was also bedeuten folgende Begriffe:

Teilzeitmann
Dieser ist so bezeichnend, wenn man die heute herrschenden Verhältnisse anschaut: Ein Mann, der «nur» Teilzeit erwerbstätig ist, ist eben auch nur teilweise ein Mann. Ein weiterer Kommentar erübrigt sich hier.

Teilzeitvater
Was unterscheidet ihn vom Vollzeitvater? Die Scheidung? Der Job? Ist ein Vater, der 60 Prozent seiner Zeit nicht bei den Kindern verbringt, nur noch ein 40-prozentiger Vater? Ist er denn im Büro kein Vater mehr, denkt er etwa nie an die Kinder oder geht ans Telefon, wenn es zu Hause brennt? Diese Frage stellt man sich bei den Müttern übrigens genauso. Welche Mutter würde sich selber als Teilzeitmutter bezeichnen?

Wochentagspapi
Das ist mein Lieblings-Begriff. So bezeichnen sich Väter, die nicht nur am Wochenende zu Hause sind, sondern während der Woche auch einen «Papi-Tag» haben. Oder mehrere. Das sind dann die Super-Helden. Sind Sie auch ein Wochentagsmami? Und brüsten Sie sich damit? Eben.

Hausmann
Der berühmteste unter ihnen macht es vor: Er ist gar nicht «nur» Hausmann. Er ist nämlich Journalist, ein Beruf, den man eben auch von zu Hause aus ausüben kann. Etwas, was vielen Hausfrauen nicht möglich ist, was der Bezeichnung «Hausfrau» nun mal eine ganz andere Note gibt als dem Bänz Friedli. Selber kenne ich keinen richtigen Hausmann, leider. Doch für mich ist klar: Ein waschechter Hausmann ist nur dann einer, wenn er die gesamte Palette an Langeweile, Sisiphus und Glücksmomenten kennenlernt wie all die Hausfrauen, die diesem Land regelrecht dienen. Sonst ist und bleibt es eben eine schöne Bezeichnung für einen Mann, der ausnahmsweise mehr Hausarbeit übernimmt als die Frau. Mehr nicht.

Familienvater
Was denn sonst? Ein Vater kann doch nichts anderes sein als ein Familienvater. Ohne Familie, kein Vater. Einer, der sich gar nicht um die Kids kümmert oder markant zu wenig, ist kein Vater. Ein Erzeuger vielleicht, wenn ich ganz schlecht drauf bin, ein Samenspender. Mit Vater sein hat das aber nichts zu tun.

Rabenvater
Der musste ja kommen. Wo Rabenmütter sind, folgen auch die Rabenväter, zumindest sprachlich. Ähnlich der Rabenmutter, ist ein Rabenvater ein karrieregeiler Erzeuger. Sage nicht ich, sagt die Gesellschaft. Da gilt aber natürlich dasselbe wie für Vollzeit arbeitenden Mütter: Bloss, weil ein Vater fünf Tage die Woche finanziell für seine Familie sorgt und «nur» am Wochenende zu Hause ist, macht das aus ihm noch lange keinen karrieregeilen Rabenvater. Sondern einen verantwortungsbewussten Familienmenschen, der seinen Liebsten einen gewissen Wohlstand ermöglichen möchte. Und nicht zu vergessen, dass die meisten gar keine Wahl haben, nicht alle sind Journalisten oder haben sonst einen Beruf, den sie Teilzeit ausüben können. Ganz zu schweigen vom fehlenden Geld.

Das haben sogar feministische Organisationen verstanden, wie der Auftakt zu den diesjährigen «16 Tagen»* zeigt: «Wo sind die karrieregeilen Rabenväter?» lautete der Slogan in Bern.

Ja, wo sind sie nun? Überall oder nirgends? Was haltet ihr  von solchen Begriffen?

*Während 16 Tagen werden diverse Themen rund um Rollenbilder besprochen. Die einzelnen Veranstaltungen sehen Sie hier.

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