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Wann ist Mami die Beste?





Gute Mütter gibt es haufenweise. Was fehlt, sind zufriedene Mütter. Und das hängt eben nicht davon ab, ob Mami zu hause oder im Büro ist. Könnte man aber meinen.


Letzte Woche las ich auf clack.ch einen interessanten Artikel darüber, dass es im «Mütterkrieg» neue Fronten gäbe. Schluss mit Karriere-Mama gegen Vollzeit-Mutter: «Die Demarkationslinie des Mutterglücks verläuft nämlich längst nicht mehr entlang des ausserhäuslichen Beschäftigungsgrades. Entscheidend für ihr Wohlbefinden ist vielmehr, wie viel Arbeit und Stress für die Mutter anfallen.» Das hätte wohl jede unterschrieben. 

Meist spricht man zwar über das Wohl der Kinder, da die Kinder ihre eigene Mutter aber wohl immer als die Beste bezeichnen würden (das hoffen wir zumindest alle, nicht?), würden sie als Schiedsrichter in der Frage nichts taugen. «Wer sich hingegen für das Wohlbefinden der Mütter interessiert, der findet einige gute Gründe, um das Kriegsbeil zu begraben.» 

Schön, nicht? Das Kriegsbeil begraben klingt doch wunderbar. Zitiert wird eine brandneue Langzeitstudie, die im kommenden Dezember im amerikanischen «Journal of Health and Social Behaviour» ausführlich gewürdigt werden soll. Dabei wurden 2500 Frauen, die zwischen 1978 und 1995 geboren haben, bis zu ihrem 40. Geburtstag begleitet und befragt. «Das auffälligste Resultat: Frauen, die kurz nach der Geburt ihrer Kinder ihre Berufstätigkeit wieder aufgenommen haben, fühlten sich deutlich häufiger mobil, energiegeladen und gaben seltener an, unter depressiven Stimmungen zu leiden. Bevor jetzt einige das Kriegsfeuer gleich schüren, hier die interessanteste Erkenntnis der Studie: Als Gegengruppe stachen den Studienleitern nicht die klassischen Hausfrauen ins Auge. Unzufriedenheit nämlich bekundeten vorab die Mütter, die zu Hause sassen, aber eigentlich arbeiten wollten.» 

Es geht also eigentlich gar nicht darum, ob man Mutter ist oder nicht, sondern darum, dass man mit dem Leben, dass man gerade führt, nur mässig zufrieden ist. Richtig? 

Auf der Facebook-Seite eines Familienportals ignorierte man das Ergebnis der Studie jedoch gänzlich, anders kann ich mir die dämliche Frage, die daraufhin gestellt wurde, nicht erklären: «Welche Mütter sind die besten? Vollzeit-Mütter oder berufstätige Mütter?», um dann genau diese Studie zu zitieren! 

Im Ernst? Graben wir das Kriegsbeil mit zwei Sätzen wieder aus? Noch schlimmer als die Frage auf Facebook, sind aber – wie so oft – die Kommentare. Denn hier wird bewiesen, dass die Fronten genau dieselben geblieben sind. Die meisten Kommentatorinnen outen sich als Vollzeit-Mütter, die sich um ihre Kinder kümmern wollen. Als ob das berufstätige Mütter nicht täten. Diese haben aber wohl keine Zeit, um auf Facebook fragwürdige Kommentare zu posten. Und ja, der immer wiederkehrende Vorwurf, der bereits in den Fünfzigern deplatziert war, taucht auch hier wieder auf: «Ich verstehe nicht, wieso eine Frau, die Vollzeit arbeiten will, überhaupt Kinder hat. Sie hat ja dann gar nichts von ihnen.» 

Mmmmh. Was vom Kind haben. Was heisst das eigentlich? Streicheleinheiten? Ginge das nicht auch mit einer Katze? Oder meint die Kommentatorin eher, dass Mami halt alles mitverfolgen kann, was das Kind lernt und kann? Was ist denn mit den Vätern, die kriegen ja auch nicht so viel mit? Macht das aus ihnen schlechte Väter? 

So begeistert ich über die Erkenntnis bin, dass es im Leben einer Mutter darum geht, «ob sie genug Geld verdient, ob sie die nötige Entlastung in der Kinderbetreuung bekommt, ob der Job sie befriedigt», und weniger darum, wie sie ihr Leben mit Kindern gestaltet, so enttäuscht bin ich über die frappante Realität. Die wahren Probleme, die im Artikel geschildert werden, werden ignoriert und das Spielchen «Wer ist die bessere Mama» wird weitergespielt. Von den Müttern selbst! Jetzt habe ich auch mal eine Frage: Wie lange noch?

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