Direkt zum Hauptbereich

Ohne mich - Im Elternrat

Wieso ich im Elternrat bin, in den ich nie wollte. Und es totzdem ganz o.k. finde.

Es ist immer dasselbe, ob im im Verein, in der Weiterbildung oder am Elternabend. Sobald es Aufgaben zu übernehmen gilt, schauen die Leute verlegen zu Boden, räuspern sich noch verlegener und hoffen, dass die Sache bald ausgestanden ist, weil irgendjemand sich aufopfert. Leider denken das ausnahmslos alle, weshalb sich die Ämtervergabe quälend lange hinzieht. Bei uns war es am letzten Elternabend des Kindergarten mal wieder so weit. Mit einer entschiedenen «ohne mich»-Einstellung bin ich zu dem Treffen gegangen. Zwei neue Mitglieder für den Elternrat wurden gesucht und ich wusste schon seit Wochen, dass ich mich auf keinen Fall melden wollte. Unser zweites Kind ist unterwegs, ausserdem bin ich einfach nicht sozial genug, um mich für Angelegenheiten wie den «Sporttag» einzusetzen.

Quälend. Die Elternversammlung wies alle Charaktertypen auf, die in so einer Gruppe garantiert anzutreffen sind. Die Scheuen, die nichts sagen. Die Alteingesessenen, die ihr ehrenamtliches Soll schon erfüllt haben und sorgenfrei mitreden können. Das Grossmaul, das allen erklärt, wie was zu sein hat, selber aber überhaupt keine Zeit hat. Und dann sind da noch die Bedrängten, die es kaum aushalten, mit den anderen auf den Boden zu starren. Die sich auf ihre Hände setzen, weil sie es kommen sehen, dass sie sich sonst melden werden. An diesem Elternabend gab vor allem eine Bedrängte. Die ihr erstes und ihr zweites Kind vergass und die Abneigung gegen Sporttage, nur um die peinliche Stille zu durchbrechen.

Na ja, jetzt bin ich im Elternrat und soll ich euch mal was sagen? Es ist gar nicht so schlecht, v.a. für jemanden wie mich, der gerne über Misstände motzt – so weiss ich wenigstens, worüber ich motze.

Text: Nathalie Sassine

Erschienen in der Basler Zeitung am 1. November 2008.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Das Allerwichtigste

    Als ich mir überlegt habe, was ich nach all den Jahren hier mit euch teile, war das erste Thema ziemlich klar: Was ist das Wichtigste für dich als Mutter? In der Schwangerschaft, bei der Geburt, als die Kinder klein waren und heute? War es immer dasselbe? Natürlich sind die Kinder das Wichtigste, die Partnerschaft, eine gewisse Sicherheit, auch finanziell. Aber das meine ich nicht.  Was hat dir das Überleben als Mutter sozusagen gesichert? Wie hast du die langen Tage geschafft, den wenigen Schlaf gemeistert, den Frust, die Sorgen, die Selbstzweifel? Na?  Ich kann ja nicht für alle reden, aber bei mir waren es - abgesehen von meinem Mann - ganz klar: die Frauen in meinem Leben. Meine Freundinnen. Ohne die ich wohl früher oder später wahlweise abgehauen, durchgedreht oder zusammengebrochen wäre. In dieser oder einer anderen Reihenfolge.  Meine Freundinnen sind mein Fels in der Brandung. Mein Punching Bag. Meine Klagemauer. Es sind Mütter von älteren, aber auc...

Die Hormonhölle

  Wer mich bzw. Rabenmutter (Blog und Buch) noch nicht kennt, braucht für diesen Text eine kurze Orientierung: Bei Sassines sind wir 2 Männer (Vater und Sohn, 21) und zwei Frauen (Tochter, bald 17, und ich). Soviel zur Demografie des Hauses. Als mein Sohn in die Pubertät kam, gab es schwierige Zeiten. Wir sind uns sehr ähnlich, will heissen, wir sagen, was ist. Sowohl im Positiven, wie aber auch im Negativen. Wenn uns also etwas nicht passt, meckern wir genauso, wie wir spontan «Ich liebe dich» sagen können. Jedoch gab es Zeiten, da war es kein meckern mehr, vielmehr gingen wir uns regelmässig an die Gurgel mit ausgewachsenen Wutanfällen, die einem Orkan ähnelten. Sowohl in der Kraft, als auch in der Lautstärke. Diese endeten jeweils mit einem Türenschletzen seiner- und einer Putzaktion meinerseits (Ich putze nicht gerne, ausser ich bin wütend. Meine Laune lässt sich also direkt an der Sauberkeit unseres Hauses messen.) Die anderen zwei Sassines, Vater und To...

Wenn nichts mehr geht - knapp am Burnout vorbei

Monatelang stand ich unter Strom. Dann kam der Stromausfall. Wie ich an einem Burnout vorbeirasselte… Das Hirn läuft auf Hochtouren.  Verträge aushandeln . Kuchen backen für diverse Schulevents. Den Grossen zur Töffliprüfung fahren. Hat mein Mann jenen Termin gesehen? Nochmal überprüfen. Die Grossmutter zum Arzt begleiten. Schon wieder ein Mail von diesem Geschäftspartner, dessen niveauloser Ton an Trump erinnert. Und noch ein Problemfall mit Kunden, den wir zwar nicht verschuldet haben, aber ausbaden müssen. So sahen meine letzten Monate aus. Eure vielleicht auch.   Weiterlesen auf Any Working Mom. ( Photo by  Dingzeyu Li  on  Unsplash )