Direkt zum Hauptbereich

Die nichtrauchende Raucherin.



Lea hat aufgehört. Wie sie das gemacht hat und wie es ihr dabei geht, erzählt sie euch ganz ohne Zigarette im Mundwinkel.


Ich hab aufgehört.

Schon einen Monat ist vergangen seit meiner letzten Zigarette, meinem letzten genüsslichem Lungenzug. Ich weiss, ihr denkt ein Monat ist nichts besonderes, aber ich sag euch, für mich schon!! Ich habe viel geraucht und wenn mir die Zigis ausgegangen sind, wurde ich sehr schnell nervös. Ich, ein grundsätzlich fauler Mensch, hab vieles auf mich genommen, um spät nachts und bei miserablen Wetterbedingungen noch an Zigaretten zu kommen. Für mich gehörte das Rauchen zu meinem Erscheinungsbild, zu meiner Gestik…..zu meiner Person. Die meisten Menschen die mich kennen finden es darum etwas verwirrend, mich ohne einen Glimmstengel anzutreffen. Viele sagten, „Nei, du ohne Zigi…chan ich mer nöd vorstellä!“.

Ich habe während beiden Schwangerschaften aufgehört, und dachte, es wäre nun endgültig vorbei mit dem Rauchen, aber immer kam die Lust und das Verlangen doch wieder und zwar immer ca. im siebten Monat.

Kleine Fluchten
Nach der ersten Schwangerschaft, ich war gerade mal 25, hatte ich ein enormes Bedürfnis, mich an etwas fest zu halten, was mein „früheres Leben“ symbolisierte. So erbärmlich es klingen mag, aber für mich war das eben das Rauchen.

Als Jugendliche interessierte es mich nicht, ob es gesund ist oder nicht. Man denkt mit 20 Jahren nicht an Morgen, sondern lebt im hier und jetzt.

Rauchen ist irgendwie verantwortungslos. Und gerade dann, als mir so viel Verantwortung in Form eines Kindes zukam, war es wie meine eigene kleine Flucht vor der Verantwortung und somit vor dem Erwachsen werden.

Auf dem Balkon stehen, alleine, und in Gedanken versunken, eine rauchen. Das war meine Auszeit, meine mentale Pause vor dem Alltag.

Wieso aufhören?
Ich hätte die Gefahren des Rauchens sicherlich noch Jahre lang verdrängen können, aber meine älteste Tochter hat mir den nötigen „Arschtritt“ verpasst. Sie fing schon früh an, sich mit kritischem Blick zu erkundigen was ich den da eigentlich tue.

Was sagt man da? Ich hatte mir fest vorgenommen, ehrlich mit meinen Kindern zu sein.

Getreu diesem Vorsatz, sagte ich ihr, was ich tat. Dabei spürte ich deutlich, wie absolut verblödet es klang. Ich sauge dreckigen Rauch direkt in meine Lunge von einem brennendem Bündel Blätter, das ich hier in meiner Hand halte. Super! Sie schaute mich lange und ernsthaft an. Sie war damals knapp 3, also hoffte ich, sie würde das alles zu kompliziert finden und schnell das Interesse verlieren. Falsch gedacht!

Da kam nach reifer Überlegung die Frage, ob das für den Körper den gut wäre. „Nei, ganz und gar nöd, und du sötsch gschieder gar nie erscht mit dem afange……“ Ihre Antwort? „Doch, wänn du das machsch, dänn mach ich das au wänn ich ä frau bin ich!“

O.k., wie geht man mit dieser Situation um? Ich versuchte ihr irgendwie das Thema „Sucht“ zu erklären. Ich verglich mein Bedürfnis nach Zigaretten mit ihrem Bedürfnis nach Süssigkeiten. Ich redete und redete, aber am Ende sagte sie einfach, „ Ich wott aber nöd das du tuesch stärbe!“...

Unterdessen sind schon fast zwei Jahren vergangen und die Fragerei wurde nicht weniger. Meine Tochter hat Recht, ich muss aufhören.

Jetzt aber richtig
Ich wusste von früheren Versuchen, dass ich absolut unausstehlich bin wenn ich nicht rauchen kann. Ich heule und fluche vor mich hin. Ich werde super aggressiv und zappelig. Reduzieren hilft auch nicht, das wusste ich bereits. Entweder ganz oder gar nicht.

Wie also gehe ich das an, ohne am Ende so grässlich unausstehlich zu sein, dass Mann, Kinder und Freunde schlagartig die Flucht ergreifen? Ich entschied mich für Akupunktur.

Ich musste einen Tag vor der ersten Behandlung schon mit dem Rauchen aufhören, und war am Abend dieses Tages in einem erschreckenden Zustand. Ich sass in der Badewanne und heulte. Mein Mann kam rein und versuchte zu verstehen, was da vor sich ging. Ich konnte es selbst nicht erklären, alles war einfach Scheisse!

Am nächsten Morgen ging ich in die Praxis dieses Akupunkteurs, schlecht gelaunt und Hilfe suchend. Ich musste dem Arzt erzählen, was ich seit unserem ersten Treffen mir alles zum Thema Aufhören und Ersetzen überlegt habe. Mit Ersetzen ist gemeint, wie man das Rauchen im alltäglichen Leben ersetzen kann. Es gibt da so ein Dreieck, das man dazu berücksichtigen muss. Die drei Punkte sind; Lust, Frust, und Aggression.

Ich hab mir dazu z.B. überlegt, dass ich gezielt und öfter Sport treiben muss, um die Aggressionen abzubauen. Auch sollte ich mir überlegen, wie ich mich selbst belohnen kann, denn für mich war eine kleine Auszeit mit einer Zigi immer auch so was wie eine Belohnung. (Ich hab noch keinen Ersatz dafür, es gibt einfach keine Belohnungen mehr.)

Die Behandlung

Nach dem ich schön brav alles erklärt hatte, durfte ich mich hinlegen. Zuerst wird mit einem spitzen Gegenstand geprüft wo man, in verschiedenen Regionen des Ohrs, am empfindlichsten reagiert. An diesen Stellen werden dann kleine, etwa 2mm lange, Nädelchen platziert. Ja, es tut ein bisschen weh, aber es ist durchaus erträglich.

Ich hatte schlussendlich vier im linken und fünf im rechten Ohr. Diese Nadeln bleiben im Ohr und können somit konstant die markierten Stellen reizen.

Mir wurde fast ein wenig schwindlig während der Behandlung, aber es kam auch eine gross Ruhe über mich. (Glaubt mir, es braucht viel bis ich so esotherisch rede.)

Ich verliess also die Praxis und fühlte mich ausgeglichen und zufrieden. Das war vor einem Monat. Seither bin ich noch einmal gegangen, um mich erneut abtasten und pieksen zu lassen, und es funktioniert bestens.

Ich habe immer wieder Lust, eine zu rauchen, aber dieses Abhängigkeitsgefühl ist weg.

Akupunktur ist aber kein Wundermittel. Man muss schon auch mit dem eigenen Willen arbeiten, aber ohne das „chemische Ziehen“ fällt einem das auch viel leichter.

Was man auch nicht unterschätzen darf in meinem Fall, ist die geniale Mithilfe meines Umfelds. Mein Mann und Nath haben beide Gleichzeitig aufgehört, und die, die noch Rauchen respektieren unsere Entscheidung und unterstützen sie.

Rückfällig
Ich hab einmal seither wieder eine Zigarette angezündet, weil es mich so Wunder nahm, was es bei mir auslösen würde. Würde ich fast Kotzen müssen, oder doch wieder in mein altes Schema zurück wollen? Es war ein Risiko, aber es musste einfach sein.

Der Geschmack war so wie früher, als ich noch ein heimlich rauchendes „Teenie-Tötschi“ war. Sich jung zu fühlen ist ja schön und gut, aber das war zu viel des Guten. Ich weiss jetzt ganz genau, dass ich nicht mehr Rauchen will. Nie wieder will ich so abhängig sein.

Geschafft? Ja, hoffentlich. Aber eins ist mir trotzt allem Erfolg klar, ich bin und bleibe, tief drinnen, eine Raucherin.

Und hier noch ein kleiner Test, welche Methode für dich am besten funktioniert.

Viel Glück!





Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Das Allerwichtigste

    Als ich mir überlegt habe, was ich nach all den Jahren hier mit euch teile, war das erste Thema ziemlich klar: Was ist das Wichtigste für dich als Mutter? In der Schwangerschaft, bei der Geburt, als die Kinder klein waren und heute? War es immer dasselbe? Natürlich sind die Kinder das Wichtigste, die Partnerschaft, eine gewisse Sicherheit, auch finanziell. Aber das meine ich nicht.  Was hat dir das Überleben als Mutter sozusagen gesichert? Wie hast du die langen Tage geschafft, den wenigen Schlaf gemeistert, den Frust, die Sorgen, die Selbstzweifel? Na?  Ich kann ja nicht für alle reden, aber bei mir waren es - abgesehen von meinem Mann - ganz klar: die Frauen in meinem Leben. Meine Freundinnen. Ohne die ich wohl früher oder später wahlweise abgehauen, durchgedreht oder zusammengebrochen wäre. In dieser oder einer anderen Reihenfolge.  Meine Freundinnen sind mein Fels in der Brandung. Mein Punching Bag. Meine Klagemauer. Es sind Mütter von älteren, aber auc...

Die Hormonhölle

  Wer mich bzw. Rabenmutter (Blog und Buch) noch nicht kennt, braucht für diesen Text eine kurze Orientierung: Bei Sassines sind wir 2 Männer (Vater und Sohn, 21) und zwei Frauen (Tochter, bald 17, und ich). Soviel zur Demografie des Hauses. Als mein Sohn in die Pubertät kam, gab es schwierige Zeiten. Wir sind uns sehr ähnlich, will heissen, wir sagen, was ist. Sowohl im Positiven, wie aber auch im Negativen. Wenn uns also etwas nicht passt, meckern wir genauso, wie wir spontan «Ich liebe dich» sagen können. Jedoch gab es Zeiten, da war es kein meckern mehr, vielmehr gingen wir uns regelmässig an die Gurgel mit ausgewachsenen Wutanfällen, die einem Orkan ähnelten. Sowohl in der Kraft, als auch in der Lautstärke. Diese endeten jeweils mit einem Türenschletzen seiner- und einer Putzaktion meinerseits (Ich putze nicht gerne, ausser ich bin wütend. Meine Laune lässt sich also direkt an der Sauberkeit unseres Hauses messen.) Die anderen zwei Sassines, Vater und To...

Wenn nichts mehr geht - knapp am Burnout vorbei

Monatelang stand ich unter Strom. Dann kam der Stromausfall. Wie ich an einem Burnout vorbeirasselte… Das Hirn läuft auf Hochtouren.  Verträge aushandeln . Kuchen backen für diverse Schulevents. Den Grossen zur Töffliprüfung fahren. Hat mein Mann jenen Termin gesehen? Nochmal überprüfen. Die Grossmutter zum Arzt begleiten. Schon wieder ein Mail von diesem Geschäftspartner, dessen niveauloser Ton an Trump erinnert. Und noch ein Problemfall mit Kunden, den wir zwar nicht verschuldet haben, aber ausbaden müssen. So sahen meine letzten Monate aus. Eure vielleicht auch.   Weiterlesen auf Any Working Mom. ( Photo by  Dingzeyu Li  on  Unsplash )