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Freiheit!

 

Als ich meine Familie verliess, um ans andere Ende der Welt zu reisen, hatte ich Bedenken. Unbegründete, wie sich herausstellte.

Ich hab’s getan. Endlich. Nach zahlreichen Überlegungen, Verwerfungen, Planung und Neuplanung bin ich abgehauen! Nein, nicht für immer (dieses Bedürfnis habe ich schon länger nicht mehr, seit der letzten Windel, glaube ich). Nur für eine Woche. Ans andere Ende der Welt: Japan.

Es war unglaublich. Das Land, die Leute, die Athmosphäre aber vor allem: Das Alleine-Reisen! Für jemanden, der sonst nichts, aber auch gar nichts alleine tut (na ja, ausser auf die Toilette gehen und ein Buch lesen, das geht zu zweit nicht so gut), fand ich die Erfahrung einfach nur spitze! Eine Stadt im Alleingang erkunden, sich selber zurechtfinden zu müssen, ohne mit jemandem besprechen/darüber streiten zu können, ob der Weg zum Tempel nun nach links oder geradeaus führt, war unglaublich befreiend! Ein Gefühl von Stolz und echter Freiheit kam auf, als ob ich 15 wäre und gerade zum ersten Mal in die grosse Stadt fahren dürfte. Toll! 

  1. Vor meiner Abreise war ich mir dessen nämlich gar nicht sicher. Ich hatte Angst, dass ich meine Familie so sehr vermissen würde, dass ich die Reise gar nicht geniessen könnte.
  2. Noch mehr Angst, in Japan niemanden zu verstehen, und meine Familie deshalb umso mehr vermissen würde.
  3. Teuflische Angst, nach zwei Tagen wieder nach Hause zu wollen, weil ich meine Familie vermisste.

Und jetzt raten Sie mal: Ich vermisste meine Familie. Ein wenig. Schon. Aber nicht so sehr, dass ich meine Reise nicht hätte geniessen können! Interessant für mich war, dass ich vor meiner Abreise befürchtete, vor allem die Kinder zu vermissen. Diese waren die ganze Woche mit ihrem Vater, Sorgen brauchte ich mir zwar keine zu machen. Dennoch war ich mir sicher, dass ich sie noch mehr als meinen Mann vermissen würde.

Ich habe mich geirrt. Meinen Mann habe ich nämlich mehr vermisst als meine Kinder. Hierzu muss ich sagen, dass es generell so ist, dass man auf Reisen so viel Neues erlebt, dass das Vermissen nun wirklich in den Hintergrund gedrängt wird. Doch wurde ich durch die Fremde an unsere vielen Reisen vor den Kindern erinnert und hätte das Neue deshalb gerne mit meinem Liebsten zusammen erlebt, ihm hätte das Land nämlich genauso gut gefallen wie mir! Für die Kinder wäre es natürlich auch toll gewesen, aber viel zu anstrengend. Deshalb habe ich meinen Mann mehr vermisst als meine Kinder. Und bin sehr froh drum zu wissen, dass ich eine solche Reise nächstes Jahr wieder antreten kann, ohne zu hyperventilieren. Sondern mich darauf freuen kann, etwas auf eigene Faust zu erleben, um zu Hause dann auch ganz viel zu erzählen.

Bevor ich abflog, traf ich noch eine Mutter, die auf meine Ansage hin, ich sei im Begriff, um die halbe Welt zu fliegen, etwas brüsk reagierte: «Lieber du als ich.» Tja. Das finde ich auch.

Wie sind Ihre Erfahrungen? Waren Sie schon ohne Familie auf Reisen? Befreiend oder beängstigend?

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