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«Mami, lass mich bitte in die Krippe gehen»



Oder ich kann für nichts mehr garantieren...
Liebes Mami

Du weisst, dass ich dich liebe, das ist nicht das Problem, aber es geht um meine intellektuelle und soziale Integrität. Die Tage sind lang, nur zu zweit innerhalb unserer vier Wände, findest du nicht? Von morgens bis abends muss ich für dich da sein, meine Mal-Kunstwerke unterbrechen, wenn du es sagst, den Faden meines Lieblings-Kaspers verlieren und so weiter... Wie soll ich es sagen? Ich möchte einfach etwas Zeit für mich haben, nicht mehr nur dein Anhang sein... Du musst zugeben, dass es unserem – selbstverständlich liebevolles – Tête-à-Tête etwas an gleicher Wellenlänge fehlt. Unser Holz ist nun mal nicht auf derselben Bühne, Mami. Denn wenn du es satt hast, kannst du eine Freundin anrufen. Oder das Grosi. Das tut dir gut. Denn du brauchst ab und zu ein erwachsenes Gespräch, das verstehe ich.

Aber was du hingegen verstehen musst, ist, dass ich auch gerne mit Meinesgleichen verkehren würde. Nur habe ich kein Telefon! Bloss einen Teddy, der mir aber nur dann antwortet, wenn ich ihm meine Stimme gebe... Sicher, das Grosi hütet mich manchmal, aber auch ihr Holz ist auf einer anderen Bühne, du weisst schon. Und dann sind da noch die Babysitter, die sind in der Tat sehr nett, aber die Stunts mit meinen Matchbox-Autos nehmen auch sie nicht wirklich ernst, weisst du? Es ist wohl eine Generationenfrage. Platz den Jungen!

Deshalb meine Bitte an dich: Darf ich in eine Spielgruppe, Krippe oder sonst wohin, wo ich regelmässig mit Meinesgleichen spielen, malen, singen, essen darf? Kurz, mit Menschen, die mich nicht immer nur beschützen wollen? Altersgenossen halt!

Ich weiss, die langen Wartelisten nerven (ich krieg auch schon rote Füdlibacken davon, auch wenn du meinst, die kämen vom Zahnen), aber ich glaube, es täte dir wirklich gut, wieder ausser Haus zu arbeiten. Du mochtest deinen Job doch, oder? Ausserden solltest du nicht so abhängig sein von Papis Taschengeld, meinst du nicht? Und, na ja, dass es deinen intellektuellen Fähigkeiten nicht bekommt, nur mit mir zu verkehren, zeigt sich daran, dass deine Sätze immer mehr den meinen ähneln (man sagt nämlich nicht «Bin ich gewesen draussen», weisst du?) Auch habe ich dich gestern beobachtet, wie du dir dein eigenes Steak in ganz kleine Stücke geschnitten hast...

Also bitte, Mami, sag den Politikern unseres Landes, sie sollten ihre Füdlis (die sicherlich nicht so sehr jucken wie meines) endlich bewegen und mit den Betreuungsplätzen vorwärts machen! Sonst schreie ich!!!!

Dein dich liebender Sohn (ach ja, meine Windeln würden wiedermal einen Wechsel vertragen. Danke, Mami.)
Frei nach «Causette»...

Kommentare

Donna Lüttchen hat gesagt…
Mami, warum kann ich nicht bei dir sein? Ich bin doch erst seit einem Jahr auf dieser Welt, und du bist doch mein größter Halt! Wenn du mich morgens in die Krippe bringst, kann ich das gar nicht verstehen. Und da sind noch so viele andere Kinder, denen geht es genauso. Weil ich noch nicht richtig laufen kann und auch noch nicht sagen, was los ist, muss ich immer hoffen, dass eine von den fremden Frauen sich auch gut um mich kümmert. Du kennst mich und weißt, was ich mag! Und die Tanten dort und die Praktikantinnen, die sind im Streß, weil wir so viele sind. Und sie sich um alle gleich gut kümmern müssen. Deswegen sind sie bei denen, die am lautesten schreien, manchmal ganz fahrig. Und bei denen, die still warten, wechseln sie die Windeln nicht rechtzeitig. Mutti, ich bin doch noch so neu auf dieser Welt! Was war das schön, als ich noch bei dir sein konnten. Da haben wir gemeinsam die Welt entdeckt, morgens gemeinsam zu Hause gewirkt, nachmittags waren wir oft auf Spielplätzen oder im Park, da konnte ich auch andere Kinder um mich haben, kleinere zum streicheln lernen und größere, um zu staunen, was auch ich bald kann! Wenn die Frauen mit uns rausgehen, sitzen wir in einem engen Wagen, und können nicht viel sehen. Und im Garten sitz ich auch meist in einer Ecke, weil ich noch nicht klettern kann. Du hast mir immer beim Rutschen geholfen. Wenn du mich jetzt nachmittags abholst, bist du gar nicht mehr richtig bei mir, weil du ja schon arbeiten warst, du sollst trotz Teilzeitstelle die gleiche Arbeit machen wie die, die den ganzen Tag da sind. Und dann müssen wir trotzdem noch kochen, einkaufen und den Haushalt machen. Da bist du richtig gestresst...

Ich glaube, es gibt wie immer zwei Sichtweisen... und ich bin als DDR-Krippenkind dagegen, die Kinder zu früh auszulagern. Meine Große ging mit 2 1/2 in den Kindergarten, der Kleine wird mit zwei wohl auch dort ankommen. Teilweise werden hier kinder schon nach ein paar Wochen in die Kita gesteckt... das muss nicht immer gut sein. Muttis, macht das so, wie ihrs für richtig haltet! Lasst euch aber von so einem Mumpitz nicht unter Druck setzen! Jedes Kind und jede Mama sind anders!
Mumpitz? Oder einfach eine ironische, humorvolle Sicht der Dinge?

Aber eigentlich irrelevant, da dies Luxusprobleme sind, für die die meisten Mütter gar keine Zeit haben, weil sie arbeiten müssen.

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