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Kriminell gestylt

Die Modebranche macht es vor, viele Mütter nach: Kleine Mädchen sollen aussehen wie Erwachsene, inkl. gefütterten BHs.

Schon als Suri Cruise mit High Heels über den Rodeo Drive stöckelte, fragte ich mich, ob das noch lange so weitergehen wird. Was würde als Nächstes kommen, Push-Up-BHs? Aber Promis spinnen nun mal, das ist weitgehend bekannt. Doch der Trend scheint nun auch in «normalen» Familien um sich zu greifen.
Eltern scheinen vermehrt den Drang zu haben, aus ihren Kindern kleine Erwachsene zu machen, allen voran die Modebranche. Kleine, sexy, Erwachsene, wohlbemerkt. Der letzte Versuch dieser Reihe stammt von Abercrombie & Fitch. Das Label verkauft kleinen Fashion Victims ab 8 Jahren einen gefütterten Bikini. Obwohl sie die Altergrenze wieder revidieren mussten (der Bikini ist jetzt ab 12 zu haben...), weil Eltern gegen die Sexualisierung ihrer Kinder rebellierten, entbrannten weltweit Diskussionen über dieses Phänomen. Nach High Heels, Tangas, Perücken, Botox jetzt also auch Bikinis für kleine Mädchen, die vortäuschen, überhaupt Brüste zu haben. Wieso tun wir das unseren Kindern an?
«Die eigene Tochter zu schminken und sie wie eine Frau anziehen, ist kriminell!» Die Vehemenz, mit der Kinderpsychiater Serge Hefez im Interview mit L’Express dies sagt, spricht Bände. «Eltern, die das tun, behandeln ihre Kinder wie Puppen und idealisieren sie übermässig. Das Kind hat keine Chance, ein eigenes Individuum zu sein und wird es schwer haben, sich aus diese Idealisierung zu lösen.»
Egal, wie man es betrachte, für das Kind werde der Übergang in sein Erwachsenenleben schwer sein. Denn entweder werde es weiterhin versuchen, die Puppe von jemandem zu spielen und dem Ideal weiter entsprechen wollen. Oder es werde dauernd dagegen ankämpfen, um die eigene Identität zu finden. Ausserdem suggeriere ein solches Verhalten unseren Kindern, es sei erstrebenswert, sexy und begehrt zu sein. Wer es also nicht ist, ist auch weniger wert.
Als ich vor ca. drei Jahren erfuhr, dass in meinem Bauch ein Mädchen heranwächst, habe ich mich wahnsinnig gefreut. Nach vier Jahren Jeans und T-Shirts in braun und olivgrün, nach Autöli und Dinosauriern ohne Ende, stellte ich mir vor, wie meine süsse Tochter eines Tages in coolen Mädchenklamotten (rosa ist nicht so mein Ding), coole Mädchensachen machen würde. Ich selber musste als kleines Mädchen ins Ballett und zum Klavierunterricht, für sie hatte ich aber eher die Vision «Fussball und Schlagzeug». Wie auch immer, auch ich hatte meine Vorstellungen über die «perfekte» Tochter, ich wage einmal zu behaupten, die meisten Eltern hätten das (das gilt natürlich ebenso für Söhne).
Doch was daran so toll sein soll, wenn mein geschlechtsunreifes Kind mehr Busen zeigen soll, als wirklich da ist oder gar schon Schönheitsbehandlungen hinter sich gebracht hat, will mir nicht einleuchten. Euch etwa?

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