Kinder verboten!
Trotz Kindermarketing und Pädagogik in aller Munde, gehören Kinder in der Schweiz oft nicht ins gesellschaftliche Bild.
Bei meinem ersten Kind erschrak ich ab der Tatsache, dass ich von der Gesellschaft als Frau nicht mehr wahrgenommen wurde. Ich war jetzt Mami – ausschliesslich. Ziemlich bald merkte ich, dass ich mir das nicht gefallen lassen würde und steuerte dagegen an. Dazu gehörte für mich auch die Weigerung, das Migros-Restaurant und den Kinderzoo als einzige Freizeitmöglichkeiten in Betracht zu ziehen. Wieso sollte ich auf Kultur und gute Gastronomie verzichten, bloss weil wir jetzt Nachwuchs hatten?
Doch im urbanen, szenigen Zürich gibt es immer öfter schöne Lokale und interessante Kulturstätten, die offen zugeben, Kinder seien nicht willkommen. Damit die Ruhe ihrer Gäste nicht gestört wird. "Unternehmerische Freiheit!" brüllen die einen. "Skandal!" empören sich die anderen.
Das ist tatsächlich unternehmerische Freiheit. Und gegen Kinderverbote in In-Lokalen, Szene-Badis und sonstigen gemäss "Experten" kinderuntauglichen Orten gibt es eben keine Gesetze. Ein Afrikaner schützt das Anti-Rassismus-Gesetz. Behinderte bleiben dank diversen Gesetzen gegen Diskriminierung ebenfalls weitgehend unbehelligt. Alterbeschränkungen scheinen hingegen zugelassen, zumindest nach unten.
Nun frage ich mich, wann alte Menschen in Restaurants verboten werden. Schliesslich sabbern die vielleicht vor sich hin, einen Anblick, den ich jedem Szeni ersparen möchte. Ausserdem konsumieren sie weniger als DINKS (Double Income No Kids) und trinken bestimmt weniger Alkohol. Auch an der neusten Ausstellung über innovatives Design werden die Alten bald fehl am Platz sein, ist ihnen die Bedienung eines Touch-Screens doch nicht mehr so geläufig. Folglich würden sie die anderen Gäste aufhalten, also verbieten wir den Greisen den Zutritt doch lieber gleich!
Vor dreissig Jahren
Was mich aber fast noch mehr schockiert als die Verbote an sich, sind die Reaktionen vieler Kinderloser. Die Ermahnungen, wir Eltern müssten halt für ein paar Jahre "verzichten" und die Kritik an der "modernen Art, Kinder überallhin mitzunehmen", bringen mein Blut in Wallung. Man sei vor den kleinen Rackern nirgends mehr sicher! Ob an der Vernissage, auf der sonst so ruhigen Terrasse des Lieblings-Restaurants, sogar in der – für Kinder schliesslich viel zu gefährlichen – Holzplanken-Badi seien Eltern mit ihrem Nachwuchs anzutreffen.
Vor dreissig Jahren entschieden meine eigenen Eltern, mich nicht wie einen Porzellangegenstand zu hause in der Vitrine zu auszustellen, sondern überallhin mitzunehmen. So durfte ich bereits mit ein paar Monaten ins Louvre und ass mit sechs Jahren meine erste Auster an den Champs Elysées. Zugegeben, die Erfahrung hätte ich mir schenken können, ich spuckte das schlabbrige Ding gleich wieder aus. Aber ich lernte, mich in einem Restaurant zu benehmen und hielt nicht immer gleich Ausschau nach dem nächsten Spielplatz. Übrigens gehören Austern heute zu meinen Leibgerichten.
Viele Kinder sind es heute so gewohnt, dass ihre Eltern nur an kinderfreundliche Orte mit ihnen gehen, dass sie sich nicht mehr mit sich selber beschäftigen können. Nintendo machte sich diesen Umstand zunutze: Heute sitzen die meisten Kinder unbeteiligt am Tisch und starren in diesen winzigen Bildschirm, während die Eltern ihre Ruhe haben. Bei kleineren Kindern sehen Mami und Papi zu, dass immer und überall eine Spielecke vorhanden ist, ein Fernseher mit Kinderprogramm oder gar eine Animation, die die Kleinen davon ablenken soll, wie laaaangweilig doch die Welt der Erwachsenen ist. Auch ich freue mich, wenn mein Kleiner an der Autobahnraststätte einen Spielplatz entdeckt und nach stundenlangem Autofahren endlich wieder rumtollen kann. Wenn wir aber essen gehen, darf er ruhig auch mal 90 Minuten mit uns am Tisch sitzen und mit Bierdeckeln Rollenspiele spielen. Oder mitreden.
Traurig ist einfach, dass diese Praxis der Kinderverbote – die übrigens vielerorts der Einfachheit halber mit einem Kinderwagen-Verbotsschild gekennzeichnet wird - viele schöne Restaurants, in denen es eben nicht nur nach Schnipo riecht, mit sich ziehen wird. Eltern werden immer weniger Auswahl haben, um ihren Kindern etwas Gourmet-Flair und Restaurant-Knigge beizubringen. Ganz zu schweigen von der Unmöglichkeit, meinem Nachwuchs etwas Kunst-Verständnis zu vermitteln, ohne dafür ins Kinderkonzert gehen zu müssen. Sind wir ausserdem nicht alle darum bemüht, unsere Kinder gesund zu ernähren und kulturell zu fördern? Das wird auswärts jedoch zunehmend schwierig, wenn uns der Eintritt in die guten Restaurants und Kulturstätten verwehrt bleibt. Denn sogenannt kindertaugliche Restaurants sind in der Schweiz leider eine Einöde des Frittierten!
Wie halten Sie es mit den Kindern im „Ausgang“? Immer dabei oder lieber zu hause beim Babysitter?
Es gibt übrigens immer mehr Restaurants, die gegen diesen Trend steuern und den Eltern ihre Küche nicht vorenthalten möchten. Wenn auch meist nur Sonntags:
Die Giesserei
Das Kaufleuten
Weitere kinderfreundliche Restaurants. Oder hier.
Bei meinem ersten Kind erschrak ich ab der Tatsache, dass ich von der Gesellschaft als Frau nicht mehr wahrgenommen wurde. Ich war jetzt Mami – ausschliesslich. Ziemlich bald merkte ich, dass ich mir das nicht gefallen lassen würde und steuerte dagegen an. Dazu gehörte für mich auch die Weigerung, das Migros-Restaurant und den Kinderzoo als einzige Freizeitmöglichkeiten in Betracht zu ziehen. Wieso sollte ich auf Kultur und gute Gastronomie verzichten, bloss weil wir jetzt Nachwuchs hatten?
Doch im urbanen, szenigen Zürich gibt es immer öfter schöne Lokale und interessante Kulturstätten, die offen zugeben, Kinder seien nicht willkommen. Damit die Ruhe ihrer Gäste nicht gestört wird. "Unternehmerische Freiheit!" brüllen die einen. "Skandal!" empören sich die anderen.
Das ist tatsächlich unternehmerische Freiheit. Und gegen Kinderverbote in In-Lokalen, Szene-Badis und sonstigen gemäss "Experten" kinderuntauglichen Orten gibt es eben keine Gesetze. Ein Afrikaner schützt das Anti-Rassismus-Gesetz. Behinderte bleiben dank diversen Gesetzen gegen Diskriminierung ebenfalls weitgehend unbehelligt. Alterbeschränkungen scheinen hingegen zugelassen, zumindest nach unten.
Nun frage ich mich, wann alte Menschen in Restaurants verboten werden. Schliesslich sabbern die vielleicht vor sich hin, einen Anblick, den ich jedem Szeni ersparen möchte. Ausserdem konsumieren sie weniger als DINKS (Double Income No Kids) und trinken bestimmt weniger Alkohol. Auch an der neusten Ausstellung über innovatives Design werden die Alten bald fehl am Platz sein, ist ihnen die Bedienung eines Touch-Screens doch nicht mehr so geläufig. Folglich würden sie die anderen Gäste aufhalten, also verbieten wir den Greisen den Zutritt doch lieber gleich!
Vor dreissig Jahren
Was mich aber fast noch mehr schockiert als die Verbote an sich, sind die Reaktionen vieler Kinderloser. Die Ermahnungen, wir Eltern müssten halt für ein paar Jahre "verzichten" und die Kritik an der "modernen Art, Kinder überallhin mitzunehmen", bringen mein Blut in Wallung. Man sei vor den kleinen Rackern nirgends mehr sicher! Ob an der Vernissage, auf der sonst so ruhigen Terrasse des Lieblings-Restaurants, sogar in der – für Kinder schliesslich viel zu gefährlichen – Holzplanken-Badi seien Eltern mit ihrem Nachwuchs anzutreffen.
Vor dreissig Jahren entschieden meine eigenen Eltern, mich nicht wie einen Porzellangegenstand zu hause in der Vitrine zu auszustellen, sondern überallhin mitzunehmen. So durfte ich bereits mit ein paar Monaten ins Louvre und ass mit sechs Jahren meine erste Auster an den Champs Elysées. Zugegeben, die Erfahrung hätte ich mir schenken können, ich spuckte das schlabbrige Ding gleich wieder aus. Aber ich lernte, mich in einem Restaurant zu benehmen und hielt nicht immer gleich Ausschau nach dem nächsten Spielplatz. Übrigens gehören Austern heute zu meinen Leibgerichten.
Viele Kinder sind es heute so gewohnt, dass ihre Eltern nur an kinderfreundliche Orte mit ihnen gehen, dass sie sich nicht mehr mit sich selber beschäftigen können. Nintendo machte sich diesen Umstand zunutze: Heute sitzen die meisten Kinder unbeteiligt am Tisch und starren in diesen winzigen Bildschirm, während die Eltern ihre Ruhe haben. Bei kleineren Kindern sehen Mami und Papi zu, dass immer und überall eine Spielecke vorhanden ist, ein Fernseher mit Kinderprogramm oder gar eine Animation, die die Kleinen davon ablenken soll, wie laaaangweilig doch die Welt der Erwachsenen ist. Auch ich freue mich, wenn mein Kleiner an der Autobahnraststätte einen Spielplatz entdeckt und nach stundenlangem Autofahren endlich wieder rumtollen kann. Wenn wir aber essen gehen, darf er ruhig auch mal 90 Minuten mit uns am Tisch sitzen und mit Bierdeckeln Rollenspiele spielen. Oder mitreden.
Traurig ist einfach, dass diese Praxis der Kinderverbote – die übrigens vielerorts der Einfachheit halber mit einem Kinderwagen-Verbotsschild gekennzeichnet wird - viele schöne Restaurants, in denen es eben nicht nur nach Schnipo riecht, mit sich ziehen wird. Eltern werden immer weniger Auswahl haben, um ihren Kindern etwas Gourmet-Flair und Restaurant-Knigge beizubringen. Ganz zu schweigen von der Unmöglichkeit, meinem Nachwuchs etwas Kunst-Verständnis zu vermitteln, ohne dafür ins Kinderkonzert gehen zu müssen. Sind wir ausserdem nicht alle darum bemüht, unsere Kinder gesund zu ernähren und kulturell zu fördern? Das wird auswärts jedoch zunehmend schwierig, wenn uns der Eintritt in die guten Restaurants und Kulturstätten verwehrt bleibt. Denn sogenannt kindertaugliche Restaurants sind in der Schweiz leider eine Einöde des Frittierten!
Wie halten Sie es mit den Kindern im „Ausgang“? Immer dabei oder lieber zu hause beim Babysitter?
Es gibt übrigens immer mehr Restaurants, die gegen diesen Trend steuern und den Eltern ihre Küche nicht vorenthalten möchten. Wenn auch meist nur Sonntags:
Die Giesserei
Das Kaufleuten
Weitere kinderfreundliche Restaurants. Oder hier.
Kommentare
Im übrigen: Es hat jede Gesellschaft die "Gesetze", die sie verdient. Wem das nicht passt - was ich nachvollziehen kann - der soll das Unpassende ändern und nicht rumjammern !! ... und wenn es auch nur ein Vermerk: "Kinderfeindlicher Betrieb" an Stellen, wo es an die Geldbörse des Betriebes geht, ist. Schlechte Presse hat keiner gern.