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Leidbilder

Herrgottnochmal, ich bin kein «Elternteil»! Und meine Frau im Fall auch nicht, damit das – Fraugöttinnochmal! – klar ist. Ich bin Vater, sie Mutter.

Von Bänz Friedli

Lese ich in einer Einladung zu einem «themenspezifischen Info- Workshop» das Wort «Elternteil», bekomme ich Püggeli und melde mich, zwecks Vermeidung weiterer Püggeli, vorsorglich ab. Ich weiss gar nicht, ob es aus der juristischen, der feministischen oder der Sozialarbeiterinnen-und-Sozialarbeiter- Ecke kommt, aber das Wort nervt: Elternteil. Sogar der Duden führt den Ausdruck und erklärt, statt ihn als Schwachsinn zu geisseln, er bezeichne «den Teil eines Elternpaares».



Dass ein Wort sprachlich und logisch falsch ist, scheint egal zu sein, Hauptsache, politisch überkorrekt und geschlechtsneutral. Eine Bundesstelle regt gar an, statt Vater und Mutter künftig «das Elter» zu sagen, aber das verschweigen wir hier lieber – Püggelialarm! Und dass in Bern die offenbar für Fussgängerinnen diskriminierenden Fussgängerstreifen neu Zebrastreifen heissen sollen, lächert selbst mich als Frauenfussballversteher. Denn seit wann sind Zebras gelb-schwarz? (Es müsste, wenn schon, YBStreifen heissen. Aber item.)

Als «Elternteil» von Schulkindern lernt man allerhand Neudeutsches. Die Erkenntnis, dass manche dem lieben Gott Allah sagen und manche Brahma, derweil wieder andere – was nicht weiter schlimm ist – gar nicht an ihn glauben, heisst nun «konfessionell kooperativer Religionsunterricht»; das landesübliche bisschen Zank auf dem Pausenplatz wird neuerdings Mobbing genannt, und um diesen Zank zu schlichten, werden Schülerinnen und Schüler als «Konfliktlotsen» und «Peace-Maker» losgeschickt – ungeachtet dessen, dass dies eine heillose Überforderung der Kinder ist. Für die Erwachsenen ists halt gäbig, denn so können wir Eltern unsere Verantwortung (nämlich, die Kinder zu erziehen) an die Schule abschieben; diese wiederum überträgt die Verantwortung, schwupps, den Schülern selbst. Und man stelle sich jetzt mal vor, wie eine neunjährige «Peace-Makerin» zwischen zwei sich prügelnden Sechstklässlern schlichtet …

Sollten Sie nach dem Spiel Spanien — Schweiz eine Aufheiterung brauchen: Googeln Sie Schulleitbilder und lesen Sie sie laut am Familientisch vor! «Die Chancengleichheit für alle, insbesondere die Förderung von Begabten und weniger Begabten, ist gewährleistet », verspricht das Adliswiler Leitbild. Die Förderung von Begabten und weniger Begabten … Da wären wir nie draufgekommen! Besonders gespürig wird in Wettingen geschwurbelt: «Wir pflegen einen wertschätzenden Umgang miteinander. Wir greifen Konfliktsituationen auf und suchen konstruktive Lösungsansätze. Wir gestalten lebendigen Unterricht durch Methodenvielfalt.» Mist, wenn ich jetzt ehrlich bin, gerate ich in Konflikt mit dem Leitbild der Schule Diepoldsau. «Wir gehen offen und rücksichtsvoll miteinander um», steht darin. Sage ich nämlich offen, was ich von solchen Leitbildern halte, fällt es möglicherweise nicht besonders rücksichtsvoll aus: Bla, bla, bla.

Wie mir dieser ganze Jargon auf den … Hoppla, fast hätte ich gesagt: auf den Sack geht. Aber diese Formulierung wäre irgendwie überhaupt nicht geschlechtsneutral.

Bänz Friedli (45) lebt mit seiner Frau und den beiden Kindern in Zürich / Bild Bänz Friedli

Bänz Friedli live: 17. 5. St. Gallen, Kellerbühne, 20 Uhr

(Bild: dasbunteei.de)

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