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Der Kurs für mehr Anstand



Weiss Ihr Kind, was sich gehört? Wenn nicht, melden Sie es zum Knigge-Kurs an. 

Wie waren die Tischmanieren Ihrer Kinder dieses Jahr an Weihnachten? Wie viel Fondue-Chinoise-Sauce musste der Hund vom Boden lecken? Wurde für den Crevetten-Cocktail das richtige Gäbeli gewählt? Nicht? Dann können wir helfen!

«Die Knigge-Kurse für Kinder boomen. Die Nachfrage nach Benimmkursen für Kinder und Jugendliche steigt», so der «Tages-Anzeiger» während der Festtage. Offenbar sind viele Kinder  nicht mehr in der Lage, richtig mit Messer und Gabel umzugehen. Damit sind nicht dreijährige Hosenscheisser gemeint, die am liebsten ihr Essen über den Tisch verschmieren. Die Zürcher Knigge-Expertin Katrin Künzle bietet vielmehr Programme für Kinder von 8 bis 12 und Jugendliche von 13 bis 17 Jahren an. Die Kurse sind sehr gefragt, Geschenkgutscheine werden vor allem von Grossmüttern gekauft.

Ich stelle mir das wunderbar vor: Anstatt dauernd die Augen zu verdrehen und missbilligend zu schauen, schenken die Grossmütter ihren Schwiegertöchtern – die die lieben Enkel ja sowieso falsch erziehen – direkt einen Gutschein für bessere Kindererziehung. Frohe Weihnachten!

Schlechtes Benehmen sorgt nicht nur für peinliche Eltern-Momente – es gilt auch als Karrierekiller für die Kinder, wenn die Karriere zum Thema wird. «Der Chef achtet darauf, ob der Jugendliche das Gespräch in Gang halten kann oder seine Zeit bloss absitzt. Und ob er sich gleich den besten Platz am Tisch schnappt», sagt Susanne Abplanalp von der Firma Knigge Today zum Tagi. Beim guten Benehmen gehe es «um Wertschätzung im Umgang miteinander.» Soweit, so logisch. Sofern der Chef überhaupt selber Manieren hat. Soll es ja auch geben...

Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich bestehe darauf, dass meine Kinder anständig essen, trinken und sich zu Tisch benehmen können. Was mich bei der Sache stört, ist, wenn man die Kids dafür in einen Kurs schicken muss. Ich glaube nämlich nicht, dass Knigge-Kurse bei Kids mehr bewirken als Vorbilder. Ist es nicht unsere Aufgabe, unseren Kindern Manieren beizubringen? Will heissen: Essen Sie gefälligst selber anständig, damit Ihre Kinder von Ihnen lernen. Sabbern Sie nicht, reden Sie nicht mit vollem Mund, fangen Sie nicht an, bevor alle am Tisch sitzen, kriechen Sie nicht unter den Tisch (!) und stehen Sie nicht auf, bevor alle fertig sind. Ob die Kinder dann das richtige Gäbeli benutzen oder nicht, ist dann ehrlich gesagt nicht mehr so schlimm. Oder was meinen Sie?

Kommentare

Simone hat gesagt…
Was für ein toller Blog!
Ich lese nun schon seit einigen Tagen hier so rum und muss so oft zustimmend nicken:)
Erst dürfen die Kinder mit allen Sinnen das Essen erlernen und dann schaffen viele Eltern den Absprung wohl nicht:)
Andrea Mordasini, Bern hat gesagt…
Eigentlich ist es ein Armutszeugnis und etwas übertrieben, dass es solche Kurse überhaupt braucht. Es ist an uns Eltern, unseren Kindern die nötigsten/wichtigsten Benimmregeln durch aktives, tägliches Vorleben, ohne Druck und Zwang, zu vermitteln und vorzuleben. Wir sind die Vorbilder, uns ahmen sie nach! Meine beiden müssen nicht warten, bis alle gegessen haben. Sobald sie beide fertig sind, dürfen sie vom Tisch. Sie müssen auch den Teller nicht leer essen. Wie sinnlos ist denn, ein sattes Kind zum weiter essen zu zwingen?! Ein “hani nid gärn” ohne wenigstens probiert zu haben, gibts aber nicht. Ich will, dass sie wengistens probieren. Auswärts im Restaurant haben wir meistens Büechlis und Malssachen dabei, was in der Regel sehr gut klappt.

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