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"Kinder kosten eben"

Soll die Gesellschaft für die Kinder bezahlen? Oder nur die Eltern?

Soll die Gesellschaft für die Kinder bezahlen? Oder nur die Eltern? Ein Leserbrief im Tages Anzeiger von letzter Woche nannte sie die «vereinigte Linke», CVP, Grüne und SP. Die drei Parteien wagen im Wahljahr 2011 folgenden Vorstoss: Kinder und Jugendliche in Ausbildung sollen in Zukunft keine Krankenkassenprämien mehr bezahlen müssen. Klingt toll. Ist es eigentlich auch.

Der Haken dabei: Die Kinderlosen sollen für das so entstehende Finanzloch aufkommen. Dass dies sehr nach „Wahlthema Familie“ klingt und sich gewisse politische Lager auf diese Weise mehr Stimmen erhoffen, liegt auf der Hand. Trotzdem.

Natürlich bin ich die Erste, die grundsätzlich dafür ist, Kinderprämien abzuschaffen. Wir gehören dem durchschnittlichen Schweizer Mittelstand an und CHF 600.00 ist ein grosser Posten, der monatlich für eine Versicherung abgeht, deren steigende Kosten wie ein Damokles-Schwert über unseren Köpfen schwebt.

Nun gehöre ich nicht zu den Müttern, die wegen jedes Schnupfens zum Arzt rennen, weder für mich noch für meine Kinder. Doch seien wir ehrlich. Wir – die vor kurzem oder längerem Eltern geworden sind – waren nie so viel zu hause, wie seit dem Tag, an dem wir der Nachwelt stolz unseren Nachwuchs präsentieren durften. Bevor ich Mutter wurde, konnte ich die Tage, an denen ich bei der Arbeit fehlte oder soziale Events absagen musste, an einer Hand abzählen. Seit fast sieben Jahren müsste ich meine Füsse noch hinzunehmen und nicht einmal das würde reichen. Nicht nur, weil automatisch Mami zu Hause bleibt, wenn die lieben Kinder wieder einmal einen Virus mit nach Hause geschleppt haben. Auch weil sie mich gerne mit eben diesem Virus beschenken, so dass wir alle über kurz oder lang flach liegen. In solchen Fällen wird dann auch irgendwann ein Arzt aufgesucht und die Krankenkasse belastet.

Die drei genannten Parteien möchten also genau die Prämien abschaffen, die am meisten in Anspruch genommen werden. Wer kann es den kinderlosen Schweizern also verübeln, wenn sie sich dagegen wehren, die entstehende Lücke zu füllen? «Kinder bringen Konsequenzen, auch finanzielle. Wer Kinder will, muss eben auch dafür bezahlen!» So die Meinung vieler.

Sind wir also selber schuld, wenn wir Kinder in die Welt setzen und dann mehr schlecht als recht dafür aufkommen können? Ist es halt unser Problem, wenn die Prämien stetig steigen und wir «normal» verdienende Familien gezwungen werden, unseren Gürtel so eng zu straffen, dass es meist kaum noch für Campingferien am Bielersee reicht?

Oder dürfte man vielleicht auch so argumentieren: Wenn alle so denken würden, gäbe es bald keine AHV mehr und die empörten Kinderlosen dürften ihr Rentenalter damit verbringen, sich zu fragen, ob sie vielleicht Unrecht hatten? Sind wir nicht eine soziale Gesellschaft, die nur mit dem Einsatz jedes Einzelnen – auch für die Anderen - funktionieren kann? Oder können wir alle glücklich werden, wenn jeder sein eigenes Süppchen kocht?

Klingt alles etwas stammtischpolitisch, nicht? Schön schweizerisch schlage ich einen Mittelweg vor. Nur welchen?

Kommentare

Wüstenfuchs hat gesagt…
Vielleicht reduzierte Prämien für Kinder? Dann zahlen alle mit.
Die Haltung "Du hast ein Kind: selber schuld!" stösst mir extrem sauer auf im Schweizer Alltag. In den meisten Gesellschaften dieser Erde ist das nicht die Haltung, mit der Kinder und ihre Eltern betrachtet werden. Und wie Sie richtig festestellen ist das auch eine sehr kurzsichtige Sichtweise.

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