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Vollzeit arbeiten als Mutter?



Kann man. Die Frage ist nur, zu welchem Zeitpunkt.

«Mütter sollten drei Jahre Babypause machen». Dies der Titel zu einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), im Spiegel von letzter Woche. Danach sollten Mütter gemäss 56 Prozent der befragten Frauen Teilzeit arbeiten. Und erst, wenn das Kind 7 Jahre als ist, wieder voll erwerbstätig sein. Abgesehen von meinem Ärger darüber, dass wieder nur über Mütter gesprochen wird, lautet meine Schlussfolgerung: Diese Menschen haben wohl keine Kinder!

Ich gehöre zu den glücklichen Müttern, die sich selbst aussuchen konnten, wie lange ihre Babypause dauert. Meine erste war länger als erwartet, einfach weil der Jobmarkt für mich damals nichts hergab. Nach über 18 Monaten fand ich endlich wieder einen Job und einen Krippenplatz für den Kleinen. Meine zweite Babypause war gar keine, da ich bereits selbständig war und immer wieder arbeiten konnte. Ebenfalls mit Krippenplatz und grosser Unterstützung der Nonna (ohne Nonna liefe bei uns sowieso nicht viel).


Bis zum Kindergarten war es also kein Problem, zu arbeiten - ausser manchmal finanziell, ein Krippenplatz ist gerade mit unregelmässigem Einkommen kein Zuckerschlecken. Auch im Kindergarten konnten wir uns gut organisieren, da wir in ein Dorf zogen, in dem eine Tagesschule die Betreuung garantierte. Die Kinder waren stets gut versorgt und «gefüttert», mal mehr, mal weniger - manchmal auch bis abends.
Viel schwieriger fand ich dann jedoch die Schulzeit. Die Tagesschule war natürlich immer noch praktisch, aber ab der 1. Klasse eigentlich nur noch für’s Mittagessen gut. Denn die Schule, die damit einhergehenden Sorgen und die Hausaufgaben brachten diverse Komponenten mit sich, mit denen ich nicht gerechnet hatte: Meine Kinder brauchten meine Anwesenheit wieder viel öfter! Nicht, weil ich ein überfürsorgliches Mami bin, die bei den Hausaufgaben daneben sitzen muss. Aber schlicht, weil sie Hilfe brauchten, nicht immer verstanden, was sie tun müssen und eine Präsenz (das konnte auch ihr Vater sein) schätzten, um Fragen zu stellen oder einfach da zu sein. Auch wenn es auf dem Schulweg wiedermal gekracht hatte.

Natürlich werden jetzt viele argumentieren, dass kleine Kinder diese Präsenz genauso, wenn nicht noch viel mehr, brauchen. Das mag sein und kommt wohl sehr auf das Kind an (denn um Kritiken gleich vorwegzunehmen: meine Kids wurden nicht vernachlässigt und wir haben ein tolles Verhältnis. «Chillt’s mal» würde mein Teenager-Sohn dazu sagen). Ich rede ja auch nur vom praktischen Standpunkt. Zu welchem Zeitpunkt die Kinder ihre Eltern «brauchen». Der ist im Schulalter meines Erachtens nämlich mindestens so wichtig wie im Kleinkindalter, wo sie einfach «betreut» werden müssen.
Deshalb komme ich zum Schluss, dass die befragten Menschen in obiger Studie entweder noch keine Kinder haben, oder zumindest noch keine schulpflichtigen. Denn sonst wüssten sie, dass eine Vollzeitstelle ab Schulbeginn der Kinder gar nicht so logisch ist, wie es sich im ersten Moment anhört. Viel logischer wäre folgende Reihenfolge: Vollzeitstelle nach einem Jahr Babypause bis das Kind ca. 4 Jahre alt ist. Danach Teilzeitstelle und ab der 3. Klasse am Besten Home Office (wer das überhaupt kann). Auch bekannt als: «Kleine Kinder, kleine Sorgen, grosse Kinder, grosse Sorgen.» Oder finden Sie, man solle Teenager unbedingt jeden Nachmittag alleine zu Hause lassen? Eben.
Dieser Text erschien erstmals auf wireltern.ch

Kommentare

Unknown hat gesagt…
Oh ja, Vollzeit, Teilzeit, gar keine Zeit...
Ein viel diskuttiertes und umstrittenes Thema, wo wohl jede Familie für sich die beste Lösung finden muss.
Unser Kleiner ist nun zweieinhalb und wir haben für uns eine super Lösung mit unserem 40-60-80-Modell (ich arbeite 80%, meine Frau 60% und unser Sohn 40% - in der Krippe, nicht bei der Arbeit). Für uns passt das perfekt.

https://www.querdurchdenalltag.com/kind-in-krippe-freud-und-leid-des-tageweisen-getrennt-sein

Zum jetzigen Zeitpunkt zumindest. Wie es dann wird ab Kindergarten respektive Schule, das müssen wir dann wieder erneut herausfinden.
Lg Stefan
Lieber Stefan, als Eltern müssen wir ja sowieso immer flexibel bleiben, gell. ;-)

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