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Natürlich wollen Mütter arbeiten!





Wenn man sie dann lässt. Das beweisen ganz viele Mompreneurs täglich. Und ihre Überstunden bezahlt ihnen keiner.


Mit reisserischen Headlines wie "Wollen Mütter lieber Familie als Karriere?" oder "Viele Mütter wollen nicht arbeiten" will man uns glauben machen, Mami sei eigentlich ganz happy damit, keine beruflichen Chancen mehr zu haben, sobald die Kinder da sind. Sie will es ja eigentlich auch gar nicht wirklich.

Natürlich gibt es sie. Die Mütter, die keine Lust haben, sich den Doppelbelastungsstress anzutun, auch und vor allem, weil sie es sich leisten können. Sie bleiben ein paar Jahre zu Hause mit ihren Kindern und "dann sehen wir weiter". Kinder erziehen und den Haushalt schmeissen kann schliesslich auch zum Fulltimejob mutieren. Ich kenne selber welche und ich unterstütze jede Mutter, die - zusammen mit ihrer Familie - diesen Weg gewählt hat. Als Arbeitgeberin habe ich auch schon solche erlebt, die dachten, sie möchten arbeiten, es im Alltag aber bereuten. Auch ok, es war ja ein Versuch wert.

Die anderen
Aber es gibt eben auch andere. Jene Mütter, die nie daran gedacht hätten, dass ihre Karriere eine solche Vollbremsung reissen würde, nur weil jetzt Kinder da sind. Oder die Mütter, die eben nicht schon in der 20-sten Schwangerschaftswoche wussten, ob sie nun weiterarbeiten oder zu Hause bei ihrem Baby bleiben wollten. Denn was so ein Baby mit sich bringt, weiss man eben erst, wenn es da ist. Diese Mütter wollen weiter- oder wiederarbeiten, da können die Zeitungen noch lange dagegenhalten. Wieso ich das weiss? Weil es überall zu hören und zu lesen ist. Und weil ich sehr viele davon kenne.


Gerade letzte Woche berichtete eine Mutter im Mamablog des newsnetz' anonym - und das sagt ja schon enorm viel über die Problematik aus - sie wolle durchaus noch Karriere machen, aber obwohl ihre Tochter bereits 15 (und sie erst 39) Jahre alt ist, stehe die Kinderfrage immer noch im Raum. Wie die Tochter betreuen und gleichzeitig vernünftig arbeiten? Etwas, was ihre männlichen Kollegen - auch Väter - NIE gefragt wurden. 

Das ging uns allen früher oder später so. Als ich meinen ersten Job nach der Babypause hatte, wurde ich regelmässig, vor allem von Frauen, gefragt, wo denn mein Kind sei, während ich arbeite. "Im Auto", "im Keller", "in der Tiefkühltruhe" waren nicht selten Antworten, die meinen Kolleginnen entgegengeschmettert kamen, einfach weil es nervte, dass man mich das überhaupt fragte. Die Väter wurden doch nie gefragt, wo denn ihr Nachwuchs untergebracht sei. Auch nicht, ob es für sie überhaupt ginge, eine Sitzung um 17.00 Uhr zu leiten. Zugegeben, das war vor fast 10 Jahren, ich hoffe sehr, dass das heute besser ist.

Der logische Schritt
Wissen tu ich es aber nicht, denn ich bin nicht mehr in diesem Berufsleben aktiv, wo ich mich rechtfertigen und erklären muss. Da jene Sitzungen eben immer gerne an Tagen oder Zeiten abgehalten wurden, die ich für meine Familie reserviert hatte, machte ich mich kurzerhand selbständig. Ich und viele andere. Gemäss Statistik ist jede vierte Neugründung ein Mompreneur-Unternehmen. Der Fokus ist klar: Flexibilität, seine eigene Chefin sein und den Luxus geniessen, nicht Hauptverdienerin zu sein. Dem Aufbau eines Unternehmens steht nichts im Weg.


Aber wer jetzt glaubt, Mamis täten einfach ihrem Hobby fröhnen und nennen es arbeiten, irrt gewaltig. Mompreneurs arbeiten. Praktisch rund um die Uhr. Denn neben der Firma wollen die Kids ja weiterhin versorgt, der Haushalt weiterhin geschmissen werden. Eine Mompreneurin hat in der Facebook-Gruppe "(net)working moms" vor ein paar Wochen die Frage gestellt, wie denn ein solcher Arbeitstag bei jeder einzelnen aussehe. Die Antworten darauf waren umwerfend:
Arbeitsbeginn zwischen 3.00 & 4.00 Uhr. (morgens!)
7:00 Uhr Kids (8&10) wecken, frühstücken, haushalten, 8:00-11:15/30 arbeiten, Zmittag kochen,
13:00-15:30/16:30 Arbeiten, 15:30/16:30 Ufzgi mit den Kids, Zvieri, Haushalt, 17:45 Abendessen, 20:00 Feierabend.

Wochenplan (Kids: 5J. und 1J.):
MO – FR: Aufstehen 6h, Mails, FB, Insta check…, Frühstück vorbereiten.
Kinder wecken, anziehen etc., 7h20 Frückstück, 7h50 los zum KiGa (Am DI läuft sie mit Papa und 2x pro Woche noch mit den Nachbarn)
MO und DO 9 – 18 bin ich den ganzen Tag im Atelier, die Kinder sind von meinen und den Schwiegereltern betreut. Was ich super finde!! WIN WIN Situation… Und das Abendessen gibts dann auch noch gleich gekocht!!
DI Nami, die Grosse hat KiGa, danach meinstens Familytime
DI, MI, FR Arbeite ich unregelmässig, wenns grad geht, mein Mann zu den Kids schaut, wenn die Kleine schläft. Manchmal springen die Grosis ein, wenns grad viel ist.
MI und FR Abends mind. 1–2h. Andere Abende nach Bedarf. 
MI Mittag essen beim Urgrossvater in der Altersresidenz! Schön! Kleiner Nebeneffekt, ich muss nicht kochen und nicht die Küche aufräumen.
MO – SO: 18h Abendessen
20h Kids im Bett

7.00 Aufstehen, Kurzen (5.5 J) parat machen, Frühstücken, 8.15 Schulbus, bis 9.00 laufen/walken/stepper (mein "Arbeitsweg", sehr wichtig um im Kopf auf "arbeiten" umzustellen)
9.00 - 10.00 Büro/Marketing/Anfragen beantworten
10.00 - 11.00 kleine Aufträge bearbeiten, Bloggen o.ä.
11.00 - 12.00 Blitz-Haushalt, Kochen, Kurzen abholen
12.00 - 13.00 Mittagessen, Pause, Küche machen
Nachmittag:
Mo & Do (+ Samstag ganzer Tag): Aufträge, grössere Projektarbeiten
Di, Mi & Fr: Nachmittagsprogramm mit Kurzem, wenns drinliegt Fachliteratur lesen o.ä.
18.30 Znacht kochen
19.00 Znacht und danach Abendprogramm mit der Familie
Soweit die Theorie, in der Praxis sitze ich dann doch abens noch öfter mal am Computer
Haushalt wird am Abend nach dem Znacht zusammen erledigt. Am Abend im Schnitt alle 2 Wochen mal eine Sitzung für Einwohnerrat, div. Kommissionen, Kinderort-Vorstand, Schulkommission

Ich (4 Kinder) arbeite zw. 7:30 und 8:30 vom HomeOffice, spiele dann noch mit den Kindern und gehe um 9-12:30 ins Lager Versand machen. Nachmittags zw 14:00 und 16:00 HomeOffice mit den Kindern zw. den Beinen, dann zw 20:30-22:30 oder länger ohne Kinder Office (Buchhaltung, neue Produkte erfassen, Mails beantworten, neue Produkte mit Partnerin via Chat diskutieren) - Sa, So hole ich Dinge nach, wenn mein Mann die Kinder beschäftigt, Mo-Fr habe ich ein Aupair.

Ich stehe um 6.30 auf. Alle Kids bereit machen für Schule. Von 8:00 bis 9:00 Haushalt. Dann arbeiten im Atelier (zu Hause) bis 11:15. Zwischendurch mache ich Wäsche. Danach koche und esse ich mit den Kids bis 13:00. Dann arbeiten bis 17/18:00. Alle Kids sind dann zu Hause. 18:30 Essen und Zeit mit Familie. Wenn der Kleine im Bett ist (20.00) noch ein bisschen arbeiten bis 22.00. Einkäufe erledige ich während die Kids beim Sport sind.
Und das geht nicht nur den Mompreneurs so, auch angestellte Mütter arbeiten nicht nur zu Bürozeiten. Verstehen Sie jetzt, wieso ich nicht mehr lesen will "Mütter wollen ja gar nicht arbeiten!"? Oder wie sehen Sie das?

Kommentare

Thea Landolt hat gesagt…
Als ein Kind Mama(Tochter)mit abgeschlossener Familienplanung KS&TS arbeite ich in einer Internationale Firma mit Firmeneigener Kita.Kita bezahlt die Firma,habe dafür für 5 Jahre Arbeitsvertrag unterschrieben.Unsere Tochter lernt nebenbei Englisch,ist sehr selbstständig.Die perfekte Lösung.
Elisabet hat gesagt…
Mir steckt der Begriff Elternurlaub im Hals. Was denn bitte für ein Urlaub? Solche Begriffe hilfen nicht gerade!
Manuela hat gesagt…
Es ist immer noch eine Schande, dass Familienarbeit nicht als solche anerkannt wird. Ich bin auch Freiberuflerin und sehr viel mit meiner Arbeit beschäftigt. Für mich ist es aber optimal, weil ich daheim arbeiten kann und so als Ansprechpartner für meine Jüngste (fast) immer zur Verfügung stehe. Sie ist allerdings schon 12. Als ich noch drei Kinder zuhause hatte, habe ich studiert und nebenbei ein Handmade-Business aufgebaut. Deswegen ist mein Alltag jetzt, trotz sicherlich 40 Stunden Woche + Haushalt und Kind, die reine Entspannung ;)
"Im Keller, in der Tiefkühltruhe" – danke für die Lacher. :D
Bunte Grüße! Ela

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