Ohne mich - Im Elternrat

Wieso ich im Elternrat bin, in den ich nie wollte. Und es totzdem ganz o.k. finde.

Es ist immer dasselbe, ob im im Verein, in der Weiterbildung oder am Elternabend. Sobald es Aufgaben zu übernehmen gilt, schauen die Leute verlegen zu Boden, räuspern sich noch verlegener und hoffen, dass die Sache bald ausgestanden ist, weil irgendjemand sich aufopfert. Leider denken das ausnahmslos alle, weshalb sich die Ämtervergabe quälend lange hinzieht. Bei uns war es am letzten Elternabend des Kindergarten mal wieder so weit. Mit einer entschiedenen «ohne mich»-Einstellung bin ich zu dem Treffen gegangen. Zwei neue Mitglieder für den Elternrat wurden gesucht und ich wusste schon seit Wochen, dass ich mich auf keinen Fall melden wollte. Unser zweites Kind ist unterwegs, ausserdem bin ich einfach nicht sozial genug, um mich für Angelegenheiten wie den «Sporttag» einzusetzen.

Quälend. Die Elternversammlung wies alle Charaktertypen auf, die in so einer Gruppe garantiert anzutreffen sind. Die Scheuen, die nichts sagen. Die Alteingesessenen, die ihr ehrenamtliches Soll schon erfüllt haben und sorgenfrei mitreden können. Das Grossmaul, das allen erklärt, wie was zu sein hat, selber aber überhaupt keine Zeit hat. Und dann sind da noch die Bedrängten, die es kaum aushalten, mit den anderen auf den Boden zu starren. Die sich auf ihre Hände setzen, weil sie es kommen sehen, dass sie sich sonst melden werden. An diesem Elternabend gab vor allem eine Bedrängte. Die ihr erstes und ihr zweites Kind vergass und die Abneigung gegen Sporttage, nur um die peinliche Stille zu durchbrechen.

Na ja, jetzt bin ich im Elternrat und soll ich euch mal was sagen? Es ist gar nicht so schlecht, v.a. für jemanden wie mich, der gerne über Misstände motzt – so weiss ich wenigstens, worüber ich motze.

Text: Nathalie Sassine

Erschienen in der Basler Zeitung am 1. November 2008.

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