Beim Sex ist es doch so...
(Erschienen im aktuellen wir eltern, zusammen mit Nils Pickerts Text aus Männersicht.)
Beim Sex ist es doch so: Mit 16 denkt man an nichts anderes
und tut alles, um nicht schwanger zu werden. Mit 26 denkt man an nichts anderes
und nimmt in Kauf, schwanger zu werden. Mit 36 denkt man an nichts anderes, um
endlich doch noch schwanger zu werden. Danach? Denkt man ab und zu daran und
fragt sich, wann denn das letzte Mal war. Und ist froh, dass man nie wieder
davon schwanger werden wird!
Zugegeben, obiges gilt vielleicht nur für mich. Doch was ich
damit sagen will: Sex ist immer präsent, in jeder Phase unseres Lebens. Nach einer
Heirat, zwei Kindern, schlaflosen Nächten, leer gesaugten Brüsten und zahllosen
Schwangerschaftsstreifen auch. Nur eben anders.
Doch wenn wir dann schon mal das Glück haben, zu zweit ein
kinderloses Wochenende geniessen zu dürfen, sollten die Gedanken an Sex nicht
eher denen einer 16-jährigen ähneln? Endlich dürfen wir wiedermal? Endlich
können wir uns hemmugslos gehen lassen – sowohl physisch wie akustisch - ohne das geringste Risiko, dabei gestört
zu werden! Endlich! Doch aus irgendeinem Grund fühlt sich das nicht wie eine
Erleichterung an. Im Gegenteil. Mir fällt dann vielmehr der Queen-Song «Under
pressure» ein.
Denn, beim Sex ist es doch so: Jetzt, da wir endlich können,
müssen wir auch. So schnell werden wir nicht wieder sturmfrei haben. Ausserdem wurden
schon seit Ewigkeiten keine Körperflüssigkeiten mehr ausgetauscht! Also bitte,
liebe Libido, stell dich ein!
Die Lust funktioniert aber eben nicht immer nach dem
Lust-Prinzip. Die hat nämlich ihren eigenen Kopf. Und wird mit Garantie nicht
genau dann aufkreuzen, wenn das Gotti die lieben Kinderlein abgeholt hat und
wir jetzt das Haus für uns haben. Denn vorher könnte Mami ja noch die
Waschmaschine füllen, den Staubsauger wegräumen und überhaupt hat sie sich die
Haare schon lange nicht mehr gefärbt. Alles eine Frage der Prioritäten.
Sage ich mir und stecke mir die Haare hoch, während ich über
den Staubsauger steige, um an meine feine Unterwäsche zu gelangen. Denn auch
die will eingeplant sein, wer soll sie denn bitteschön sonst bewundern, wenn
nicht der Monsieur an einem sturmfreien Abend?
Also wird gestylt, getupft, gelackt, geschminkt und da und
dort ein Häärchen gezupft. Fertig! Währenddessen zieht er schnell ein anderes
Hemd über (!) und ist ebenfalls fertig! Gehen wir? Einen klitzekleinen Moment
überlege ich mir, ob ich ihn ins Schlafzimmer – oder noch besser auf die Couch
- zerren und vernaschen soll. So
spontan geht ja sonst gar nie. Doch meine Frisur hält nur dank drei Tonnen Haarlack
und ungestümer, spontaner Sex würde sie ruinieren. Ausserdem müsste ich mein
ganzes Outfit aus- und wieder anziehen. Inklusive High Heels. Anstrengend. Also
später.
Ein gutes Restaurant, guter Wein, noch bessere Gespräche...
Toller Abend. Das Gefühl, zueinander zu gehören, ist immer noch da. Das pure
Glück! Der Wein steigt in den Kopf. Aber nicht in die Lenden. Leider.
Nun ist man ja schon lange genug verheiratet, um zu wissen,
dass der nicht durchgeführte Coitus den Kater am nächsten Morgen verstärken
wird. Und ich mich, sobald die Kinder wieder da sind, dafür ohrfeigen könnte,
gleich beim Ins-Bett-Gehen eingeschlafen zu sein.
Denn beim Sex mit seiner grossen Liebe ist es doch so: Hätte
man Sex gehabt, wäre er gut gewesen. Denn das ist er jedes Mal. Mit 16 war das
anders.
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