Mythos Mutter
Sie ist wissenschaftliches Objekt und Stammtisch-Politikum, gesellschaftliches Symbol und pädagogisches Relikt: Die Mutter wird studiert, seziert und gruppiert. Es vergeht kein Monat, in dem nicht irgendeine neue Studie oder Umfrage belegt, was Mütter sollten und möchten, was bereits Schwangere alles falsch machen und Mütter von Pubertierenden erwartet. Schluss mit diesem Unsinn!
Fragt man die Generation heutiger Grossmütter nach diesem Phänomen, lächeln sie einen etwas mitleidig an und geben zu: «Irgendwie hatten wir es einfacher. Damals gab es noch nicht so viele Ratgeber und schon gar kein Internet, das einem in Foren beibringen will, was eine gute Mutter ist.» Ich neige dazu, meine Grossmütter deswegen zu beneiden. Doch möchten wir wirklich zurück? Kaum eine moderne Mutter sehnt sich nach der Zeit, als Frauen keine Wahl hatten, ob und wie viel sie arbeiten wollten, damals, als eine Ehe noch gleichbedeutend war mit Heim und Herd. Wir wollen gute Mütter sein, doch wollen wir so sein wie unsere Mütter?
Kommentare
Auf diese Weise wird ein "Leben und leben lassen", wie wir es uns doch eigentlich wünschen täten, nich möglich sein. Im Gegenteil: Die herbei geschriebenen Gräben zwischen Müttern mit verschiedenen Lebensmodellen werden dadurch täglich tiefer, echte Solidarität zwischen Eltern immer weniger wahrscheinlich. Schade!
Badinters "Conflit" habe ich vor längerer Zeit gelesen und fand ihn recht langweilig und nichts sagen. Vor allem stellte sich mir die Frage, weshalb sie einen Trend herbeischreibt, der so gar nicht existiert (kein europäisches Land hat eine so tiefe Stillquote, wie Frankreich, von Zwang ist also weit und breit nichts zu sehen). Aber ich muss zugeben, dass ich mit Badinter immer schon meine Mühe hatte. Seit dem von Männerrechtlern gefeierten "Die Wiederentdeckung der Gleichheit" hat sie sich als Feministin in meinen Augen disqualifiziert.
Möchten Sie einen wirklich spritzigen Text über das Thema Mutterschaft lesen (und erkennen, wie alt das Dilemma bereits ist!), kann ich ihnen das Buch "Die Mütter" von Hedwig Dohm aus dem Jahr 1903 empfehlen (http://gutenberg.spiegel.de/buch/4770/1) Da werden sie auch feststellen, dass weder Badinter noch Schwarzer das Rad neu erfunden haben ;-)