Aggromeration

Von Michèle Rothen Ich war neulich in der Agglo. Also da, wo ich herkomme. An einem Konzert. Blasmusik. Nein. Ja. Egal. Jedenfalls: Ist mir da an kleinen Dingen einmal mehr sehr klar geworden, wovor ich geflüchtet bin, als ich mich in die Stadt davonmachte. Es fing an mit der Tombola im Eingangsbereich.

Eine Tombola.

Es gab zu gewinnen: Zopf vom lokalen Beck. Blumengestecke. Ein Tribol-Set mit Zahnpasta und Mundspülung. Komische Eisenvögel zum in den Garten stellen. Ein Karton Bier.

Ich kaufte mir zehn Löösli.

Alles Zonks.

Tombolas machen mich immer ein bisschen traurig. Wie alle dasitzen und die Rölleli aufreissen und Ou! sagen. Und die Gewinner machen kein grosses Aufheben, die gehen einfach und holen sich den komischen Eisenvogel für zum in den Garten stellen ab.

Und spätestens dann kommt alles, was ich an der Agglo hasse. In Form von Platitüden. Ich inszeniere das mal als Reigen, denn es kommt nicht drauf an. Weil diese Sachen in jeder Anordnung des Agglo-Personals irgendwann gesagt werden.

Also, dann kommt der im Seidenblouson und schaut den Vogel an und sagt zu der Frau mit zwei frechen lila Strähnen in der frechen Kurzhaarfrisur: «Ja, das isch jetzt halt ebe Kunscht, hä! Kunscht!

Ich sägs scho lang, mir sötted emal d Zeichnige vo mim zweijährige Änkel im Museum uufhänke, das wür niemert merke! Hä! Hä! Stimmts oder hani rächt?!»

Und die Frau mit den zwei frechen lila Strähnen in der frechen Kurzhaarfrisur sagt zu ihrer Nachbarin, die gerade das nicht benützte Zuckersäckli vom Kaffee ihres Mannes eingepackt hat: «…du, die chönd doch alli nöme choche hütt. Lieber gschnäll zum McDonald’s weisch.»

Und die Frau, die gerade das nicht benützte Zuckersäckli vom Kaffee ihres Mannes eingepackt hat, sagt zum jungen Mann mit dem Ohrringli (links!): «…die Sauornig i dem sinere Wohnig! Du, mir hätts schier öppis gä. Und debii hät er doch e Fründin!»

Und der junge Mann mit dem Ohrringli (links!) sagt zu der jungen Frau mit der Dauerwelle: «Weisch, so bini halt! Chli e grosses Muul, aber immer luschtig. Mit mir hätt mers immer luschtig.»

Und die junge Frau mit der Dauerwelle sagt zu dem mit dem Schnauz: «Räge macht schön! Obwohl — vill schöner wär scho bald kitschig! Ha ha!»

Und der mit dem Schnauz sagt zu dem im Seidenblouson: «Gopferteckel, wänn ich is Usland gange, dänn duen ich mich doch au aapasse! Oder?»

Ich fühlte mich so fremd, dass ich das glatt auf mich bezog.

(Tja, die Rabenmutter hat selber keine Zeit zu schreiben, aber den konnte ich euch einfach nicht vorenthalten!)

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